Italiens Rechte rüstet zum 1. Mai

■ Berlusconis Forza Italia und die Nationale Allianz wollen Unternehmerrechte verteidigen, ausgerechnet auf der Straße

Rom (taz) – Italiens Rechte will die Kraftprobe. Diesmal auf der Straße, weil die Wähler den zerrissenen Konservativen und Neofaschisten zumindest an den Urnen noch nicht so recht trauen. Der 1. Mai, traditionsreichster Tag der Arbeiterschaft und seit jeher Domäne der Linken, soll diesmal ganz und gar von der italienischen Opposition besetzt werden, so die Chefs der größten Rechtsparteien, Silvio Berlusconi von Forza Italia und Gianfranco Fini von der Nationalen Allianz: „Die Regierung wird sehen, daß sie nicht einmal mehr eine winzige Basis bei der Arbeiterschaft hat“, so heißt es im gestrigen Kommuniqué.

Auftrieb hat der Rechten ausgerechnet eine Demonstration der großen Dachgewerkschaftsverbände am vergangenen Samstag gegeben: Zwar waren immerhin zwischen 300.000 und 400.000 Menschen durch die Straßen Roms marschiert und zur Abschlußkundgebung auf der Piazza San Giovanni zusammengekommen. Diese Zahl füllte mal gerade zwei Drittel der Piazza. Im vergangenen Herbst bei einer Demo der Rechten quoll der Platz dagegen deutlich über. Zudem wußten weder Gewerkschaftsführer noch die mitmarschierten Führer der Mitte- links-Koalition, was sie so Rechtes von sich geben sollten. Schließlich ist diese Administration unter Ministerpräsident Romano Prodi ihre Regierung. Massimo D'Alema, mit Abstand der stärkste Politiker des Landes und Aspirant auf den Sessel des Regierungs- oder gar Staatsschefs, war ebenfalls gekommen, vermied es aber, das Wort zu ergreifen, und blieb so fast unsichtbar inmitten einer gut fünfzig Mann großen Eskorte.

Die Mobilisierung, die die Rechte anstrebt, betrifft allerdings im Grunde viel weniger die Arbeiter als vielmehr die Unternehmer: Ihnen will die Regierung im Rahmen eines Nachtragshaushalts einen Teil der meist für Investitionen verwendeten Betriebsrücklagen abknöpfen, und dagegen läuft mittlerweile nicht nur die gesamte Industrie, sondern auch das Millionenheer kleiner und kleinster Betriebe Sturm. Gerade letzteren dienten die Rücklagen oft als Rettungsanker, wenn der Gerichtsvollzieher kam.

Die Regierung sieht sich seither fast bis zur Unbeweglichkeit eingeklemmt: Während die linksextreme Rifondazione Comunista, die der Regierung Prodi als Gegenforderung für ihre Unterstützung allerlei Unbequemlichkeiten bereitet, diesmal erfreut einverstanden ist mit dem Schröpfen der Selbständigen, verlangt die Minipartei der „Italienreformer“ von Außenminister Lamberto Dini die Streichung des Vorhabens. Dini, vormals Generaldirektor der italienischen Notenbank, gilt als wackerer Wächter von Unternehmerinteressen – schließlich gehören seiner Frau, Erbschaft aus erster Ehe, zahlreiche große Unternehmen und Kapitalgesellschaften.

Regierungschef Romano Prodi will nun versuchen, in Gesprächen mit seinen Koalitionären sowie mit Gewerkschaften und Unternehmern den Nachtragshaushalt soweit umzuschichten, daß der größte Ärger auf allen Seiten überwunden wird. Helfen könnte ihm dabei, daß der größte, der Linken zugerechnete Gewerkschaftsverband CGIL inzwischen seine starre Haltung gegen eine Diskussion der vertraglich erst 1998 fälligen Rentenreform aufgegeben hat. Kommen die Arbeiterverbände der Regierung entgegen, könnte er die Rücklagenbesteuerung abmildern und andererseits Schritte zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien tun. Werner Raith