Internationale Schutztruppen nach Albanien

■ Einen gemeinsamen Militäreinsatz lehnen die EU-Außenminister jedoch ab. Italien, Holland, Dänemark, Spanien und Österreich wollen Truppen entsenden

Brüssel (taz) – Die Europäische Union fühlt sich für Albanien nicht so richtig zuständig. „Die OSZE soll führen“, sagte Bundesaußenminister Klaus Kinkel gestern in Brüssel, nachdem einige EU-Regierungen sich offenbar bereit erklärt hatten, Soldaten zum Schutz von Hilfslieferungen nach Albanien zu schicken. Einen militärischen Einsatz der EU werde es nicht geben, meinte Kinkel.

Italien, das durch die albanischen Flüchtlinge am stärksten von der Krise im Nachbarland betroffen ist, will rund 1.500 Soldaten entsenden und suchte gestern Verbündete im Kreis der EU-Außenminister. Neben Holland, Dänemark, Griechenland und Österreich denkt auch Spanien darüber nach, sich an der internationalen Schutztruppe zu beteiligen. Der spanische Außenminister Abel Matutes sagte, sein Land könne an der Operation teilnehmen. Deutschland und Großbritannien dagegen lehnten eine militärische Beteiligung kategorisch ab. Die Soldaten sollen die Verteilung von Hilfslieferungen absichern und ein Expertenteam der EU schützen, das den Wiederaufbau der Verwaltungsstrukturen unterstützen soll. Am 20. März war eine Vorausmission der EU aus Albanien zurückgekehrt und hatte den EU-Außenministern nahegelegt, daß weitere Hilfe nötig sei, weil das Land aus eigener Kraft kaum in der Lage sei, die Ordnung wiederherzustellen. Nach dem Zusammenbruch der Regierungsstrukturen brauche Albanien vor allem Verwaltungsfachleute. Mehr als zivile Hilfe will die EU nicht leisten.

„Wenn einzelne Länder Truppen schicken wollen, sind wir damit einverstanden“, sagte Kinkel, doch solle dies unter der Führung der OSZE geschehen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Als Begründung führte Kinkel an, daß die OSZE die nötige Erfahrung habe und zudem Albanien und Rußland dort Mitglied seien.

Auch bei den festgefahrenen Beziehungen zur Türkei kamen die EU-Außenminister gestern nicht weiter. „Ich bin unglücklich“, klagte Kinkel, der heute nach Ankara reist. Denn der Ausflug wird nicht viel bringen. Die griechische Regierung blockiert nicht nur alle Finanzhilfen der EU für die Türkei, sondern auch jede weitere Annäherung. Weil in der EU in allen Fragen der Außenpolitik Einstimmigkeit nötig ist, geht auf absehbare Zeit gar nichts. Dabei ist das Verhältnis zur Türkei auch ohne die griechische Sturheit schwierig genug. Seit 1963 drängt Ankara auf den Beginn von Aufnahmeverhandlungen. Dafür gibt es in der EU keine Mehrheit, doch zu einer klaren Absage reicht es auch nicht. Man dürfe die Türkei nicht aufs Abstellgleis schieben, wiederholte Kinkel gestern, „die Türkei bleibt auf dem EU-Gleis“. Da steht sie seit 24 Jahren. Alois Berger

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