Sind so kalte Füße

■ Annete Kruhl: „Farcetten con Sequenzen“

Eine Kabarettistin muß die Fassung auch vor leeren Bänken bewahren, sagte sich Anette Kruhl und zog am Dienstag die Show Farcetten con Sequenzen trotzdem durch. Das erste Soloprogramm der Wahlberlinerin hatte in Hamburg einen schlechten Start. Dafür wirkte ihre verzweifelte Miene, die sie zur Schau trug doppelt glaubwürdig. Außerdem hatte sie einen Mix aus Chansons und klassischen Kabarett zu bieten.

Anfangs war es ausgewogen, doch bald wurden aus den Kabarett-Stücken kurze Kommentare, und der Schwerpunkt verlagerte sich auf die Musik. Das war ein echter Vorteil, denn die Lieder von Anette Kruhl sind zwar nicht – wie beworben – hitverdächtig, aber nett anzuhören. Sie verzichtet auf affektierten Chansonetten-Glamour, setzt sich ans Klavier, und schon sind anderthalb Stunden um. Kruhls Kleinkunst ist mit vollen Händen aus dem Alltag geschöpft und nur hin und wieder ein klein wenig seicht. Mit ihren Texten tut sie niemandem weh. Sie führt eine überforderte Bürotusse vor, die eine Haßliebe zu ihrem Computer hegt. Als verwirrter Spät-Twen läßt sie sich ein Kind aus dem Katalog andrehen, und die Zuschauer erfahren auch, daß die Kabarettistin an kalten Füßen leidet. Ein roter Faden ist nicht zu erkennen. Das Ganze bleibt, wie der Titel suggeriert, facettenhaft. Aber das Publikum hat Anette Kruhl trotzdem auf ihrer Seite. Spätestens wenn sie das unsichtbare Leiden an der Inkonsequenz besingt. Da willst du sagen, „ach leck mich doch“, heißt es dort, und dann wird ein müdes „ich hab's nicht so gemeint“daraus. Kennt das nicht jeder? Eben.

Barbora Paluskova

Noch bis zum 30. März, 20.30 Uhr, Kabarett Mon Marthe