Bethaniendamm jetzt besenrein

■ Wagenburg geräumt. Grüne: „Sozialpolitisch inakzeptabel“

Pünktlich um 7 Uhr ist gestern die Polizei zur Räumung der Wagenburg auf dem Bethaniendamm angetreten. Knapp 200 Beamte leisteten „Amts- und Vollzugshilfe für das Landeseinwohneramt“. Als rechtliche Legitimation diente dabei unter anderem die Straßenverkehrsordnung: Schon vorgestern waren am Bethaniendamm Halteverbotsschilder aufgestellt worden. Das Bezirksamt Mitte hatte den BesetzerInnen die baldige Räumung in einem offenen Brief angekündigt. Die „Müllprobleme, die Gefahr der Verunreinigung des Bodens durch Öl wie auch die Belästigung durch Lärm können nicht länger hingenommen werden“, hieß es in dem Schreiben.

Nach Angaben der Polizei befanden sich zum Zeitpunkt der Räumung etwa 30 Menschen und 36 Wagen auf dem Gelände. Ein Mann, der mit Haftbefehl gesucht worden war, wurde festgenommen. Den obdachlos gewordenen RollheimerInnen hat das Bezirksamt Mitte die Unterbringung in Obdachlosenheimen und Notunterkünften in Aussicht gestellt. Viele BewohnerInnen der Wagenburg hatten bereits in den letzten Tagen das Weite gesucht und zum großen Teil ihre fahruntüchtigen Fahrzeuge und Anhänger zurückgelassen. Die benachbarte Wagenburg „Kreuzdorf“, deren BewohnerInnen befürchtet hatten, die Räumung könne auf ihr Areal übergreifen, blieb unberührt.

Die Polizei teilte mit, sie habe die zum Teil schrottreifen Wagen kostenpflichtig abschleppen und zu einem Sicherungsgelände im brandenburgischen Schwanebeck transportieren lassen. Das Angebot der evangelischen St.-Thomas- Gemeinde, einige der Wagen vorübergehend auf ihrem Gelände aufzunehmen, lehnte die Polizei ab. Begründung: Die nicht verkehrssicheren Wagen hätten etwa fünfzig Meter weit auf öffentlichem Straßenland bewegt werden müssen.

Scharfe Kritik an der Räumung kam gestern umgehend von der Opposition im Abgeordnetenhaus. Die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Selig, verurteilte den Polizeieinsatz als „machtpolitischen Profilierungsversuch des Innensenators Jörg Schönbohm“. Das Problem Bethaniendamm sei infolge der Räumung der East Side Gallery entstanden und könne nicht durch polizeiliche Maßnahmen gelöst werden. Auch die Fraktion der Bündnisgrünen hat Innensenator Schönbohm (CDU) aufgefordert, „von seiner unsozialen Räumungspolitik in Zukunft abzusehen“. Bei allen Problemen durch die Wagenburg am Bethaniendamm sei eine sture „Weg damit!“-Haltung ohne das Angebot eines Ersatzstandortes sozialpolitisch nicht akzeptabel, erklärte die Abgeordnete Ida Schillen.

Schönbohm verwahrte sich gegen derlei Vorwürfe. „Mit der Beseitigung der Fahrzeuge und des Schrotts“ seien Umweltverwüstungen und rechtswidrige Zustände beendet worden, ließ der Innensenator verlauten. Den Kirchenvertretern, die gestern das Räumungsvorhaben scharf verurteilt hatten, warf Schönbohm vor, sie sprächen die Sprache „von Pharisäern, die sich als Demagogen entlarven“. Ebenso verwundere es ihn, daß die Bündnisgrünen sich hier „zum Fürsprecher von Umweltverschmutzungen und Verwahrlosung“ machten. Holger Wicht