Der homosexuelle Mann... Von Elmar Kraushaar

...hat auch Freunde, besser noch: gute Freundinnen. All die vielen tapferen Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, dem gepeinigten und diskriminierten Wesen treu beiseite zu stehen, es zu beschützen nach Mutterart und Trost zu spenden allzeit. Im Klartext: Sie verbringt die Nächte mit ihm in seiner Lieblingsbar, solange sie nichts Besseres vorhat. Und wenn er wieder mal nicht den Kerl abkriegt, der ihm zusteht, dann heult er sich aus an ihrer parfümierten Schulter. Davon hat sie gar nichts, und derlei Verhältnisse lösen sich bald von selbst, spätestens in dem Moment, wo sie den richtigen Männern begegnet.

Um diesen Ausfall wettzumachen, greift der Schwule gerne nach den Frauen, die keinem gehören und doch allen: den Stars, Ikonen, Idolen, die Zarah heißen oder Barbra, Marianne oder Liza, Judy oder Edith. Sie versagen nie und lassen sich mit keiner Schweißperle die Anstrengungen ihres Jobs als Schwulenmutti anmerken. Und in jedem Interview erzählen sie die gleichen gnädigen Lügen: Homosexuelle seien freundlich, charmant und hilfsbereit. Als Dank dafür kauft der Schwule auch dann noch ihre Platten oder schaut ihre Filme an, wenn sich der Rest der Welt schon längst abgewendet hat mit Gähnen.

Und doch kommt es hin und wieder vor – Undank ist der Welten Lohn – daß die eine oder andere ausschert und ganz zickig wird mit ihren einstigen Bussi-Gefährten. Wie die Disco-Königin Donna Summer, die öffentlich bekundete, daß Gott Aids geschickt habe, um die Homosexuellen zu bestrafen. Oder ein anderer Disco-Star, Gloria Gaynor, die Schwule für „abnorm“ hält und „eine Schande für die Menschheit“. Und wieder ist es eine – ob es an der Musik wohl liegt? – Disco-Sängerin, die ihre Intimkenntnisse über Schwule preisgibt: Gertrude Wirschinger, die als Penny McLean in den 70er Jahren jeden Tanzboden beherrschte und seit dem Fall der letzten Paillette in Vorträgen und Büchern den esoterischen Zeitgeist bedient, kommt in ihrem neuesten Bestseller „Das unsichtbare Dritte“ nach ausschweifenden Wirren über „Begierdenkörper“ und „Reifegrad“ zu dem dann doch einfachen Schluß: „Homosexualität kann also der Weg nicht sein.“

„Bravo!“ ruft meine FreundIn Frl. Steffi, „bravo, Penny, du sprichst so wahr!“ Dazu muß man wissen, daß Frl. Steffi der Welt größter Penny-McLean-Fan ist und ihr zu Ehren ein Museum eingerichtet hat, das vollgestopft ist mit all den überflüssigen Devotionalien aus der knappen Karriere dieser Frau. Und so wie Leander- Fans die Nazisirene noch immer für eine Widerstandskämpferin mit demokratischer Gesinnung halten, verteidigt Frl. Steffi die Mumpe der Esoterikerin: „Sie hat so recht! Homosexualität ist doch nur eine Erfahrungsstufe und kann doch nie der Weg sein! Schnürt es uns nicht die Kehle zu, in dieser miesen Homohülle gefangen zu sein? Wachen wir nicht oft nachts schweißgebadet auf und hoffen auf ein nächstes Leben, das anders ist? Und – o Penny! – die Erlösung kann doch nur, wenn man die Aussichtslosigkeit der Homosexualität begreift, der deutsche Schlager sein!“ Eine Disco-Kugel muß ihm auf den Kopf gefallen sein, so sehr kommt er in Fahrt, und teilt dabei doch nur das Los von so vielen Männern: Nicht loslassen will er von der Frau.