Lagerhaus macht den radikalen Schnitt

■ BLG will mit neuer Struktur in Gewinnzone / 350 Stellen fallen weg / Kompromiß um Pensionen

Mit einer radikalen Neuorganisation will die mehrheitlich stadteigene Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) in die Gewinnzone steuern. Das defizitäre Hafengeschäft wird zum Jahresbeginn 1998 privatwirtschaftlich organisiert. Was sich nicht lohnt, wird über kurz oder lang aufgegeben. „Der Vorstand wird sich nicht mehr von verkehrspolitischen Interessen leiten lassen“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Berghöfer.

Noch in diesem Jahr sollen laut Vorstandschef Hans-Heinrich Pöhl die Kosten unter anderem durch weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten um 70 Millionen Mark gesenkt und die Zahl der Mitarbeiter um weitere 350 auf 2.350 reduziert werden.

Kern der neuen Struktur für das 1877 gegründete Traditionsunternehmen, das bisher im Auftrag und auf Rechnung der Stadtgemeinde tätig war: Die Stadt bringt ihre Gebäude und Anlagen mit einem Bilanzwert von rund 250 Millionen Mark als Kommanditist in eine neue Kommanditgesellschaft ein.

Die bisherige Aktiengesellschaft BLG wird als Komplementär weiterhin die Geschicke der Hafen-Gesellschaft bestimmen. Unter dem Dach einer Holding sollen die vier Geschäftsfelder der BLG in selbständigen GmbHs organisiert werden: Container, Autoumschlag, Stückgut und Distribution sollen sich auch an anderen Unternehmen beteiligen und über Bremen hinaus aktiv werden.

Künftig müsse die BLG für die stadteigenen Grundstücke Erbpacht zahlen, hieß es. Die Kapitalbasis der neuen Gesellschaft sei aber solide. Auch die Kosten der Restrukturierung in Höhe von 88 Millionen Mark könne die BLG selbst aufbringen, owohl sie in den Vorjahren Verluste eingefahren hatte, zuletzt 20 Millionen Mark.

In der lange umstrittenen Frage, wer die Pensionslasten für die ehemaligen BLG-Beschäftigten übernimmt, gibt es einen Kompromiß, der laut Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) bis zum Juni im Detail vorliegen soll. Demnach teilen sich Stadtgemeinde und BLG diese Kosten, die jedes Jahr zwischen 18 und 28 Millionen Mark ausmachen. Die erhofften Gewinne der Tochterfirmen sollen zum Teil für die Pensionen eingesetzt werden. Letztlich steht aber die Stadt für die Altersversorgung gerade.

In einem Arbeitsausschuß unter Vorsitz des Unternehmers und Handelskammer-Vizepräses Bernd Hockemeyer hatten Vertreter der BLG, der privaten Anteilseigener, der Senatsressorts für Häfen und Finanzen, der Unternehmensberater von Mercer und der Gewerkschaft ÖTV ein halbes Jahr lang an der neuen Struktur getüftelt. „Es gab keine Tabus“, sagte Hockemeyer. „Wir haben versucht, Gruppen- und Einzelinteressen nicht zu berücksichtigen um das Unternehmen BLG erhalten zu können“. Am Ende sei aber alles „einstimmig und einvernehmlich“entschieden worden. Das Wirtschaftskabinett des Senats hat das Konzept gebilligt. Bis zum Sommer soll das Parlament die Pläne absegnen.

Bis zum Ende dieses Jahres wird sich die BLG aus den Hafengebieten rechts der Weser zurückziehen, kündigte Pöhl an. Der Vorstand rechnet für dieses Jahr noch mit einem Verlust, ab 1998 sollen dann schwarze Zahlen geschrieben werden. Quersubventionen aus anderen Geschäften, mit denen bisher der defizitäre Stückgutumschlag hochgehalten worden war, wird es laut BLG-Spitze nicht mehr geben. Was sich nicht rechnet, werde verkauft oder in Joint-Ventures mit privaten Partnern eingebracht. jof