Papa Heinz droht Maslo mit Stubenarrest

■ Auch nach dem 0:1 gegen Dortmund bleibt St. Paulis Inszenierung unoriginell

Hamburg (taz) – Das Bein schmerzte, doch Uli Maslo hielt durch. Als letzter kam der Trainer des FC St. Pauli zur Pressekonferenz, was aber nicht an seiner Bänderdehnung lag. Auch wenn er sich nicht mit solchen Malaisen herumschlagen muß, läßt er die Leute gerne auf sich warten. Woher die schmerzhafte Verletzung stammte, mochte Maslo nicht genau sagen. „Bin umgeknickt“, beschied er knapp. Glücklicherweise gibt es am Millerntor aber noch Manager Helmut Schulte. Der ist beim FC zu einer Art verbalem Mundschenk geworden. Immer dann, wenn einer der wirklich Verantwortlichen nicht mehr weiterweiß oder -will, springt Schulte als Pausenclown ein. „Es ist eine Kriegsverletzung“, witzelte der „Lange“ über Maslos Gebrechen, vermied aber wohlweislich, den Gegner sowie Ort und Zeitpunkt der Schlacht zu benennen.

Das war auch gar nicht nötig. Noch frisch waren die Platzwunden des jüngsten Scharmützels zwischen Übungsleiter Maslo (58) und Präsident Heinz Weisener. Eine direkte Konfrontation hatte es Anfang der Woche nicht gegeben. Das ging gar nicht, weil Weisener urlaubend in New York gewesen war. Aber zu einem kleinen Zwischenfall hatte es dennoch gereicht. Der Vereinsboß wolle sich am Saisonende vom ungeliebten Trainer trennen, hatte das Hamburger Abendblatt berichtet. Möglicher Klassenerhalt hin, gültiger Erstliga-Vertrag bis 1998 her. Das Verhältnis sei „irreparabel beschädigt“. Maslo reagierte auf die Gerüchte, wie man es von ihm nicht anders gewohnt ist. „Mir ist scheißegal, was mit mir passiert“, polterte er, gab aber auch zu, daß es „schwierig ist, damit umzugehen“. Vor allem, wenn die Attacken aus dem Dickicht kommen und man mitten im Abstiegskampf steht. Nach der 0:1-Niederlage gegen eine schwache Borussia Dortmund wollten die Streithähne vom angeblichen Zwist nichts wissen. St. Pauli hat zwar im ungewohnten Volksparkstadion den zum Abstieg berechtigenden drittletzten Platz gefestigt, dafür „haben wir nie Streß gehabt“. Das sagte Maslo. „Er sitzt fest im Sattel“, beruhigte Weisener, „wir haben kein Trainerproblem.“

Ist es womöglich eher ein Präsidentenproblem? „Unser Verhältnis ist in Ordnung“, erklärte Weisener, der die ganze Zeit über nervös hin und her trippelte und bei jeder Frage immer weiter zurückwich. Für grundsätzliche Klärung sorgte das präsidiale Wort am Gründonnerstag nicht, zumal Weisener einräumte, „es gab Zeiten, in denen man verschiedener Meinung war“. Der Konflikt sei jetzt „überspitzt und zum falschen Zeitpunkt wiedergegeben worden“. Ganz allgemein jedoch, so darf man wohl folgern, sind sich die beiden älteren Herren nicht grün. Weisener (69) schätzt es überhaupt nicht, wenn ihm einer – auch noch ungefragt – reinreden will.

Der Architekt, der den FC mit seinen Millionen am Leben hält, ist ein Patron vom alten hanseatischen Schlag. Nicht umsonst läßt er sich „Papa Heinz“ nennen. Über jeden in seiner Familie hält der Grande schützend seine Hände, doch wehe einer will ihm dabei auf die Finger schauen. Dann gibt es Stubenarrest. Den Rausschmiß freilich mag der Paterfamilias nicht vollziehen. Zu wichtig ist ihm Harmonie, als daß er seine Drohungen („Wenn es Herrn Maslo nicht mehr paßt, kann er jederzeit gehen“) wahrmachen würde. Deshalb konnte der höchst selbstgefällige Coach („Mit meinem Spielsystem kann ich den Bayern die Meisterschaft garantieren“) immer wieder ungestraft Kritik üben. Mal an der mangelnden Professionalität im Verein, dann wieder am zu dünnen Spielerkader. Nächsten Samstag nach dem „Sechs-Punkte- Spiel“ (Weisener) in Düsseldorf wird vermutlich die Fortsetzung in diesem nicht gerade originellen Mehrakter folgen. Solange Regisseur Weisener an seinem Drehbuch festhält, wird die Inszenierung weiter unter langatmigen Wiederholungen leiden. Er müßte schon seinen Hauptdarsteller auswechseln. Clemens Gerlach

FC St. Pauli: Thomforde - Dammann - Trulsen, Stanislawski - Springer (28. Hanke), Pedersen, Bochtler, Pröpper, Scherz - Pisarew (74. Schweißing), Scharping (74. Driller)

Borussia Dortmund: Klos - Sammer - Heinrich, Kree - Ricken, Zorc, Möller, Lambert, Reinhardt (56. Tretschok) - Tanko (77. Feiersinger), Chapuisat

Tor: 0:1 Möller (68.)

Zuschauer: 34.477