Geiselnahme im Öldelta

■ Spektakuläre Protestaktion auf zwei Shell-Pumpstationen in Nigeria beendet

Lagos (AFP/taz) – Selbst in den Tagen des Ogoni-Protestes gegen Shell in Nigeria war so etwas nie vorgekommen. Eine bewaffnete Gruppe besetzte vor einer Woche zwei Shell-Pumpstationen im ölreichen Sumpfdelta des Niger- Flusses. Die Protestierenden nahmen 127 nigerianische Shell-Mitarbeiter als Geiseln, blockierten die zu den Pumpstationen führenden Wasserwege und verlangten, daß Shell ihre Forderungen an die nigerianische Regierung weiterleite. Die spektakuläre Aktion ging erst in der Nacht zu gestern zu Ende, als die letzten der Geiseln freigelassen wurden.

Die Geiselnehmer kamen vom Volk der Ijaw, das drei Millionen Angehörige hat. Sie protestierten vor allem dagegen, daß Nigerias Regierung im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen vom 15. März die für sie zuständige Kommunalverwaltung in eine Stadt des kleineren Itsekiri-Volkes verlegt hatte. Sie fordern nun größere Autonomie – genauso wie vor einigen Jahren die benachbarten Ogoni, deren Führer Ken Saro-Wiwa 1995 hingerichtet wurde. Schon damals solidarisierten sich einige Ijaw mit den Ogoni.

Infolge der Geiselnahme kam es am Dienstag und Mittwoch in der Stadt Warri zu Zusammenstößen mit der Polizei. Zwei Menschen wurden erschossen. Das Haus des prominenten Ijaw-Chiefs Edwin Clark – ein früherer Provinzbildungsminister, der als Kollaborateur mit Nigerias Militärregime galt – ging in Flammen auf; einer seiner Leibwächter wurde getötet. Am Mittwoch starb in Warri erneut ein Mensch bei Auseinandersetzungen.

Zugleich waren die Protestler jedoch um gute Beziehungen zu Shell bemüht. Sie entließen jeden Tag einige Geiseln, und im Gegenzug sicherte Shell ihnen offenbar zu, für sie bei den nigerianischen Behörden einzutreten. Die letzten 53 Geiseln kamen daraufhin in der Nacht zum Freitag frei. Shell entsendet nun ein Ingenieursteam, um den Schaden an den Pumpstationen zu evaluieren. D.J.