Rushdie warnt Bonn

■ Der Autor spricht von Druck auf den „Mykonos“-Prozeß. Lebenssignal Sarkuhis

Bonn (AFP/dpa) – Der vom Iran mit dem Tod bedrohte britische Schriftsteller Salman Rushdie hat die Bundesregierung vor einer Einflußnahme auf den Berliner „Mykonos“-Prozeß gewarnt. Es gebe Anzeichen, daß Bonn „extreme Anstrengungen“ unternehme, das Urteil zu beeinflussen, sagte Rushdie vor Journalisten im Straßburger Europarat. Wenn dies gelinge, wäre das ein „großer Skandal“. In dem Prozeß geht es um die Tötung von vier kurdisch- iranischen Oppositionellen in Berlin im September 1992. Die Bundesanwaltschaft hat die iranische Führung beschuldigt, hinter dem Attentat zu stecken. Das Bonner Justizministerium wies die Vorwürfe zurück. Unterdessen haben das westdeutsche PEN-Zentrum und die Internationale Vereinigung der Ligen für Menschenrechte (FIDH) neue Initiativen für die Freilassung des regimekritischen iranischen Autors Faradsch Sarkuhi unternommen. Das PEN- Zentrum lud sein Ehrenmitglied zur Jahrestagung nach Deutschland ein und forderte die iranische Botschaft in Bonn auf, die Einladung weiterzuleiten, da sein Aufenthaltsort unbekannt sei.

FIDH-Präsident Patrick Baudouin kündigte an, die Organisation wolle den Fall zum Thema in der UN-Menschenrechtskommission machen. Seine Ehefrau Farideh Sarkuhi bekräftigte in Paris den Verdacht des Schriftstellers, daß seine Festnahme im Zusammenhang mit dem Berliner „Mykonos“-Prozeß stehe und der Autor von den iranischen Behörden als Geisel gehalten werde. Farideh Sarkuhi sagte, zum letztenmal sei sie von ihrem Mann am Mittwoch vergangener Woche angerufen worden. Das Telefonat sei offenbar aus dem Gefängnis geführt worden. Eine Freilassung wäre ein Signal auch für die anderen unterdrückten Schriftsteller und Journalisten im Lande. Sie lebt mit ihren zwei Kindern in Berlin und äußerte die Hoffnung, daß ihr Mann aus dem Iran ausreisen darf.