Reibungslose Nerverei

■ „Zimmer frei“im Altonaer Theater

Es kann passieren, daß das einzige, womit eine Theateraufführung zu überraschen vermag, ihre Überraschungslosigkeit ist. Die Komödie Zimmer frei, die am Samstag im Altonaer Theater Premiere hatte, bietet ein schönes Beispiel solcher Vorhersehbarkeit, unterstrichen noch durch ein arges Schlingern zwischen Klamauk und Kitsch.

Die von Markus Köbeli erdachte Geschichte verfügt schon an sich über ein ordentliches Peinlichkeitspotential. Das Mädchen Glotz (Eva Klakl in überzogener Zickigkeit) durchlebt ihre „morbide Phase“. In einem Sarg meditiert sie den Tod herbei. Das freie Zimmer ihrer Wohnung vermietet sie an „Opa“(Heinz Lieven als quatschig-larmoyanter Greis), der ebenfalls sterben will, aber im Gegensatz zu Glotz das Leben bereits hinter sich hat. Der Alt-jung-Kontrast muß dann als Anlaß für allerlei herbeikonstruierte Humorigkeiten herhalten, deren permanent-penetrante Mischung mit Rührseligem weniger Tränendrüsen als an den Nerven rührt.

Das zwangsläufige Ende – Glotz überwindet ihre destruktive Weltsicht und beginnt, ihr Leben zu leben, indem sie dem liebgewonnenen Opa ihren Sarg anbietet und ihn fürsorglich in den Tod geleitet – ist dann ebenso unspannend wie pathetisch.

Die langatmige Inszenierung wirkt dieser Klischeehaftigkeit nicht gerade entgegen, sondern verdeutlicht nur mehr die Unplausibilität des Dargebotenen. So auch der anachronistische Pseudo-Jugendjargon, den Regisseur Kai-Uwe Holsten der Glotz-Figur unverständlicherweise beibeließ. Sprüche wie „Du bist echt too much, Opa“oder „Guter Groove oder schlechter Groove, verstehst du?“versetzen eher in weniger guten Groove.

Die reibungslose Aneinanderreihung abgeschmackter Situationen und gekünstelter Dialoge läßt den angestrebten Spagat zwischen Slapstick und Sentiment gründlich danebengehen. So gründlich, daß es schon wieder überrascht.

Christian Schuldt