Sonderbehandlung nicht unbedingt erwünscht

■ In Bayern verweigern hochbegabte Schüler speziell eingerichtete Klassen

München (taz) – Die hochbegabten Schüler Bayerns entziehen sich den Versuchen des Kultusministeriums, eigene Hochbegabten- Schulklassen einzurichten. So droht nun zum zweitenmal ein entsprechendes Projekt zu scheitern, weil sich nicht genügend Schüler beteiligen wollen.

Der erste Versuch ging vor einem Jahr schief. Damals bot das Kultusministerium eine Sonderklasse für Hochbegabte an. Es sollte, nach zwei ähnlichen Angeboten an evangelischen Privatschulen in Braunschweig und Rostock, bundesweit die erste Schulklasse an einem staatlichen Gymnasium werden.

Doch nur etwa zwanzig bayerische Schüler wollten ihre alte Schule verlassen und gemeinsam mit anderen Hochbegabten eine neunte Klasse in einem Internat besuchen. Als hinderlich wurden die unterschiedlichen Fremdsprachen empfunden, die die 14jährigen Schüler gewählt hatten, so daß sich keine ausreichend große Klasse bilden ließ.

Den zweiten Versuch startete das Kultusministerium vor wenigen Monaten deshalb bei Jüngeren. Hochbegabte Schüler aus der fünften Klasse können überlegen, ob sie ab Herbst in speziellen Klassen unterrichtet werden wollen. Geplant waren bisher drei Klassen an ganz normalen Gymnasien in München, Nürnberg und Regensburg.

Doch ist bereits klar, daß das Experiment zumindest in Nürnberg gescheitert ist: In der ganzen Stadt wollten nur drei oder vier Schüler mitmachen. Auch in München und Regensburg ist noch unklar, ob die Klassen zustande kommen. Dort sind es jeweils noch deutlich unter zwanzig Interessenten, so Valentin Reitmajer vom bayerischen Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung.

Die Verantwortlichen im bayerischen Kultusministerium rätseln, womit das geringe Interesse zu erklären sei – wo doch nach diversen Studien etwa zwei Prozent eines Jahrgangs als hochbegabt anzusehen sind. Valentin Reitmajer vermutet, die längeren Schulwege seien für manche Schüler abschreckend. Kurt Heller, Psychologieprofessor an der Münchner Uni und einer der führenden Forscher in Sachen Hochbegabung, sieht die weitverbreiteten Zweifel vieler Eltern als eine der Ursachen. Bei einem Schulversuch in Baden- Württemberg, der das Gymnasium auf acht Jahre verkürzt, habe sich dies auch erst nach mehreren Jahren gelegt. Felix Berth