Kirchliche Kirche

■ Bremer Pastor Motschmann will die Kirche mit der „Verkündigung des Wortes Gottes“retten

Kirchen müssen wieder kirchlicher werden, damit weniger Menschen austreten. So sieht es jedenfalls der „Bund gegen Kirchensteuermißbrauch“. Der Bremer Pastor Jens Motschmann, gleichzeitig Vorsitzender des Vereins, mahnt jetzt dringend Reformen bei der Kirchensteuer an – und handelt sich damit harsche Kritik von der evangelischen Kirche ein.

Mit der Rückbesinnung auf kirchliche Werte will Pastor Motschmann die Kirche vor dem drohenden Finanzkollaps retten. Denn Kirchenaustritte seien ein klares Votum der Christen gegen die Verweltlichung von Kirchenarbeit, findet auch Doda von Plessen. Die Geschäftsführerin des „Bundes gegen Kirchensteuermißbrauch“fordert daher: „Wir haben uns in Frage zu stellen, aber nicht die Bibel“. Meinungspluralismus habe in der Evangelischen Kirche nichts zu suchen. Und Pastor Jens Motschmann macht parallel zur Politikverdrossenheit ein Unbehagen bei vielen Kirchenmitgliedern über die Verwendung von Kirchengeldern aus: Er fordert stärkere Mitbestimmungsrechte der Kirchensteuerzahler.

Ein Modell dafür, so sagt er, sei die langfristige Umwandlung der Kirchensteuer in eine Sozial- und Kulturabgabe, wie sie seit Jahren in Italien besteht. Dort können die Bürger frei bestimmen, wofür sie die etwa ein Prozent der Steuerpflicht zahlen wollen. Dies sei eine der Möglichkeiten, so Motschmann, die Idee einer „Schlanken Kirche“in die Tat umzusetzen. Denn die eigentliche Aufgabe der Evangelischen Kirche sei die „Verkündung des Evangeliums von Jesus Christus“.

„Dann würden doch noch mehr Leute aus der Kirche austreten“, kommentiert Pastor Olaf Droste die Vorschläge Motschmanns. Der Pressesprecher der Bremischen Evangelischen Kirche sieht keine Verbindung zwischen Kirchenaustritten und einem angeblichen Mißbrauch von Kirchensteuern: Das sei „empirisch überhaupt nicht zu belegen“. Demoskopische Untersuchungen belegten stattdessen, daß viele Menschen einfach sparen müßten, um über die Runden zu kommen.

Und auch der Pressesprecher der Diakonie reagiert angefaßt auf den erneuten Vorstoß Motschmanns: „Zur kirchlichen Verkündigung gehört die Tat“, sagt Klaus Schaumann. „Motschmann soll Roß und Reiter nennen, wenn er Kritik übt“. Außerdem sei gerade in Bremen die Anbindung der Kirchenbasis an Entscheidungen sehr eng, denn das Bremer Kirchenparlament sei eines der größten in der Bundesrepublik. Darum gingen seine Forderungen einfach an den Realitäten vorbei. „Manchmal“, so Pastor Droste, „reicht der Horizont eben so weit wie der eigene Kirchturm“. Was vielleicht aber auch nahe liegt: Schließlich ist die Martini-Kirche immer voll, wenn Motschmann predigt. jsp