Der Mann, der Politiker für sich arbeiten läßt

■ Das Geschäftsgebaren des Investors Frank Albrecht sorgte mehr als einmal für Schlagzeilen

„Auch wenn er lächelt, kann es eisig sein. Manche sind erschrocken, wenn Frank H. Albrecht seinen Willen demonstriert. Das ist die Fortsetzung der GSG9 mit anderen Mitteln“

(Buxtehuder Tageblatt).

Frank H. Albrecht, der Buxtehuder Unternehmer, der das Lürrsen-Gelände in Vegesack und das ehemalige Kühne & Nagel Grundstück in Walle bebauen will, ist in der Region kein Unbekannter. Sein Geschäftsgebaren sorgte mehr als einmal für Schlagzeilen: In Buxtehude versuchte er 1994 ohne öffentliche Ausschreibung den Bauauftrag für eine Dermatologie-Abteilung am Krankenhaus zu bekommen. Der damalige Oberkreisdirektor Karsten Ebel , der den Auftrag ohne Ausschreibung an Albrecht vergeben wollte, geriet unter Beschuß und wäre fast über die Affäre gestolpert. In Stade brachten Albrecht die Konditionen, zu denen er ein Dialyse-Zentrum an die Stadt vermietet hatte, ins Gerede.

Doch der Unternehmer, „der mit seinen Millionen im Landkreis mehr als nur den heimischen Baumarkt beherrscht, der Politiker für sich arbeiten läßt und dem Stadtdirektoren wohlgesonnen sind“(Buxtehuder Tageblatt) „weiß, wie man sich gegen eine schlechte Tagespresse wehrt“(Stader Tageblatt). Albrecht ist Miteigentümer eines regionalen Anzeigenblattes. Sobald seine Projekte in Buxtehude, Stade oder Umgebung in „politisches und publizistisches Störfeuer“geraten, feuern Albrechts Redakteure zurück.

Macht und Einfluß hat sich der 53jährige Hamburger von der Pike auf erarbeitet. Mit 29 wird der gelernte Banker Zweigstellenleiter der Vereins- und Westbank in Stade. Das Angebot des Vorstandes, die Leitung einer größeren Filiale in Schleswig-Holstein zu übernehmen, lehnt Albrecht ab. Er macht sich mit einer Vermögens- und Wirtschaftsberatungsfirma selbständig.

1979 baut er sein erstes Geschäftshaus in Harsefeld bei Buxtehude. Er fängt an, „ohne großes Kapital, dafür aber mit jeder Menge Ehrgeiz. Ideen und Tatkraft“, beschreibt das Buxtehuder Tageblatt den steilen Aufstieg des Unternehmers. Außerdem kenne Albrecht „die richtigen Leute“: „In der SPD den Stader Stadtdirektor Jürgen Schneider, in der CDU den Mittelständler Albert Kusserow und den Landtagsabgeordneten Heinrich Augustin. Seine Freundschaft zu ex-Oberkreisdirektor Dieter Diekmann hat ihm bisher auch nicht geschadet.“Binnen weniger Jahre schafft Albrecht sich ein Firmenkonsortium, das er als geschäftsführender Gesellschafter der Aktiengesellschaft AVW (Albrecht Vermögensverwaltung mit Sitz in Buxtehude) beherrscht.

Er baut Hotels, Geschäftshäuser, Supermärkte, Wohnhäuser, Tiefgaragen, Altenwohnungen. In Magdeburg, wo der ehemalige Stader Stadtdirektor Jürgen Schneider, mittlerweile als Staatssekretär im Innenministerium sitzt – baut Albrecht gerade ein Polizeirevier. (Amerk. d. Red.: Schneider wurde erst Staatssekretär nachdem die Landesregierung, darunter auch der Innenminister und jetzige Wirtschaftschaftssenator Bremens, Hartmut Perschau (CDU), im November 1993 wegen der Gehälteraffäre zurückgetreten war).

Albrechts Konzept ist denkbar einfach: Er kauft Grundstücke von der Stadt oder bekommt sie in Erbpacht, baut die Gebäude und vermietet sie wieder an die Stadt. Bei diesem Deal bekommt das Wort „Eigentum“für ihn einen besonderen Klang. In Wolfenbüttel, wo der Investor gerade ein Zentrum mit Fachmärkten und einem Hotel in City-Nähe baut, betonte er gegenüber dem Stadtmagazin „vor Ort“: „Es ist bei dem Objekt ganz wichtig, daß es im Eigentum der Familie Albrecht bleibt.“

Auch in Vegesack sollen die Grundstücke nach Auskunft der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) zum Teil an die Investoren verkauft werden. Das seit Jahren brachliegende Ufergrundstück soll bebaut werden. Investoren sind rar. Mit der Drohung, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, könnte Albrecht die Grundstückspreise drücken. In Buxtehude und Stade ist er für diese Praxis bekannt. Denn zu verlieren hat der Investor wenig: Sein Auftragsvolumen wird auf über 200 Millionen Mark geschätzt. „Die Projekte, die er realisiert hat, sind sehr gut konzipiert“, lobt ein Branchenkenner. Trotzdem ist der Investor nicht überall gern gesehen. In Stade baut Albrecht an der Bundesstraße B73/74 zur Zeit ein Fachmärktezentrum – gegen den Widerstand der Einzelhändler. In Wolfenbüttel hat Albrecht vor wenigen Tagen den Grundstein für ein neues Zentrum mit Fachmärkten, einem Hotel und einer Freizeitanlage gelegt – gegen den Widerstand der Kaufmannschaft.

Albrecht rührt das wenig. Seine Konkurrenten und Gegner sind für ihn „liebe nette Leute“, die halt ihre Grenzen kennenlernen müßten (Stader Tageblatt). Er sieht sich nicht als kaltschnäuzigen Investor, sondern eher als sensiblen, verkannten Gönner, mit einem Faible für Kunst und Musik. Mit dem Präsidenten der Hamburger Musikhochschule, Hermann Rauhe, verbindet ihn eine langjährige Freundschaft. Mit ihm engagierte er sich für das Schleswig-Holstein Musik Festival von Justus Franz. Gern erzählt Albrecht die Geschichte von dem begnadeten Musiker, dem er ein teures Instrument spendierte. Geschenkt hat er es ihm allerdings nicht. Der Musiker durfte es abbezahlen. „Damit es später wirklich sein Eigentum ist“

Kerstin Schneider