■ Cash & Crash
: Von Bullen und Bären auf dem Börsenparkett

Berlin (taz) – Es ist für den Laien nur schwer einzusehen: Die US-Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit sinkt, und die Nachfrage im Inland schnellt nach oben – doch die Aktienkurse stürzen ab. Nachdem die Kurse gestern erneut um gut zwei Prozent nachgaben, verlor der Dow Jones Index, der den mittleren Wert der US-Aktien beschreibt, nun schon sieben Prozent gegenüber dem Rekordstand von 7.085 Punkten am 1. März.

Es ist die Aussicht auf steigende Zinsen, die die Broker nervös macht: Immer dann, wenn die Amerikaner besonders viele Autos, Häuser und CD-Player kaufen, die private Nachfrage also steigt, heizt das die Inflation an. Die amerikanische Notenbank reagiert darauf, indem sie die Zinsen erhöht – zuletzt um 0,25 Prozentpunkte auf fünfeinhalb Prozent. Das steigert aber auch die Rendite aus staatlichen Anleihen gegenüber den Aktienmarkt. So übertraf die Gewinnerwartung aus dem Handel mit 30jährigen US-Staatsanleihen durch die Zinserhöhung der Notenbank von vergangener Woche gestern die magischen sieben Prozent – das ist nach Meinung vieler Anlagevertreter mit Aktienanlagen nur schwer zu schlagen.

Schon warnen einige Analysten, der nun schon sechseinhalb Jahre währende Boom könnte nun endlich vorbei sein, die Zeit des sogenannten Bullen-Marktes vorüber, aufs Börsenparkett drängten die Bären, die als Symbol des Niedergangs gelten.

Doch ein Blick zurück macht skeptisch gegenüber solchem Krisengeheul: Schon vergangenes Jahr zu Ostern hatte eine gesunkene Arbeitslosenzahl selbst ohne eine gleichzeitige Zinserhöhungen genügt, den Dow Jones an einem Tag um eineinhalb Prozent sinken zu lassen. Einen Monat zuvor hatte der Index beim Vermelden der Zahl der Beschäftigten gar um über zweieinhalb Prozent nachgelassen. Auch damals rechneten die Analysten vor: Mehr Jobs gleich mehr Geld gleich mehr Nachfrage gleich mehr Inflation – gleich höhere Zinsen. Und sie sangen das Lied vom Anfang vom Ende. Inzwischen ist der Dow Jones und mit ihm der Bullen-Markt um weitere 1.000 Punkte angeschwollen.

Noch ähnlicher war die Situation 1994, damals war der Dow Jones innnerhalb von sogar nur zwei Wochen vor Ostern um knapp sieben Prozent eingebrochen, um dann am Ostermontag noch einmal um immerhin 1,2 Prozent abzusacken. Auch damals hieß es, der Aktienmarkt sei „überhitzt“. Der Dow Jones lag bei 3.600 Zählern. Gerade die Hälfte vom derzeitigen Rekordstand. Matthias Urbach