Anschlag ungeklärt

■ Das Feuer in Krefeld wurde angeblich innerhalb der Wohnung gelegt. Kein Hinweis auf ausländerfeindliche Tat

Berlin (taz) – Noch immer hat die Polizei keine Spur der Täter des Brandanschlages in einem Krefelder Hochhaus. 36 Stunden nach Ausbruch des Feuers, dem eine türkische Mutter und zwei ihrer Kinder zum Opfer fielen, meldete die Polizei Krefeld: „Kein konkreter Tatverdacht.“ Zur Belohnung für Hinweise wurden allerdings 50.000 Mark ausgesetzt. In ihrer gestrigen Ausgabe nährt die Bild-Zeitung den Verdacht, der Brand sei von Bekannten der Opfer gelegt worden. Anonyme „Experten“ werden mit den Worten zitiert: „Die Täter müssen die Familie gekannt haben. Die Wohnungstür wurde nicht aufgebrochen.“ Ein Polizeisprecher bezeichnete dies als „Spekulationen“. Die Krefelder Kriminalisten räumen aber ein, daß das Feuer wahrscheinlich innerhalb der Wohnung gezündet wurde. Die Staatsanwaltschaft erklärte, sie ermittle „in alle Richtungen“. Hieß es bei Anschlägen auf türkische Familien bisher, ein fremdenfeindlicher Hintergrund der Tat könne „nicht ausgeschlossen werden“, lautet die Stellungnahme diesmal, es lägen „keine Hinweise auf eine ausländerfeindliche Straftat“ vor. Etwa 200 Türken beteiligten sich in der Nacht zum Dienstag an einer Mahnwache. Am Unglücksort stellten sie ein Transparent mit der Aufschrift „Erst Mölln, Solingen und Den Haag – jetzt Krefeld“ auf. Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft versprach den Protestierenden, der Fall werde aufgeklärt. In der Nacht zum Montag gegen zwei Uhr hatten Streifenbeamte den Brand im dritten Stock eines dreizehngeschossigen Hochhauses bemerkt. Die 41jährige Mutter und ihre 19jährige Tochter sprangen 14 Meter tief auf den Asphalt in den Tod. Sie verfehlten knapp die brennende Matratze, die sie zuvor aus dem Fenster geworfen hatten. Zwei 15jährige Zwillingsschwestern überlebten den Sprung schwerverletzt. Während der Löscharbeiten kehrte der 42jährige Familienvater von einer Gaststätte nach Hause zurück. Er versuchte, in das brennende Haus zu gelangen und wurde von Polizeibeamten mit Handschellen in Gewahrsam genommen. In der ausgebrannten Wohnung fand man die Leiche seines Sohnes. Der 17jährige war im Abstellraum erstickt.

Ebenfalls ungeklärt ist der Brandanschlag, der eine Nacht später das Haus eines 25jährigen Türken im hessischen Haiger-Seelbach zerstörte. Der Bewohner konnte sich mit einem Sprung aus dem ebenfalls gegen zwei Uhr nachts ausgebrochenen Feuer retten. Auch hier lagen nach Polizeiangaben „keine Anhaltspunkte für einen ausländerfeindlichen Hintergrund vor“. Leif Allendorf