Spitzel gegen Arme

■ Forsa-Umfrage: Die meisten Deutschen wollen Sozialdedektive

Berlin (taz/AFP) – Die Engländer tun es bereits. Sie können anonym anrufen und ihren Nachbarn denunzieren, von dem sie annehmen, er beziehe ungerechtfertigt Sozialhilfe. Der Angeschwärzte muß hernach mit einem Kontrollbesuch vom Sozialamt rechnen. Keine schlechte Idee, meinen auch viele Deutsche. Zwei Drittel sind nach einer Forsa-Umfrage dafür, Sozialdedektive auf andere anzusetzen. Sie sollen prüfen, ob die Stütze zu Recht gezahlt wird. 28 Prozent der Befragten aber lehnen ein solches Spitzelsystem ab. Vor allem Arbeiter (76 Prozent) und Selbständige (74 Prozent) befürworten die Idee.

Ebenso zwei Drittel der Befragten lehnen weitere Einsparungen bei der Sozialhilfe strikt ab. Lediglich 16 Prozent sind dafür. Den höchsten Zuspruch fanden die Forscher bei den CDU/CSU-Anhängern: 29 Prozent. Die gegenwärtige Höhe der Sozialhilfe halten 44 Prozent der Bundesbürger für angemessen, 26 Prozent meinen, sie sei zu niedrig. „Die Ergebnisse zeigen, daß ein hoher Gerechtigkeitsmaßstab angelegt wird“, kommentiert Andrea Fischer von den Bündnisgrünen die Umfrage. Sie zeige, daß Sozialkürzungen, wie von Unionspolitikern gefordert, nicht erwünscht seien. Die Sorge derer, die einen Mißbrauch der Leistungen befürchten, müsse man aber ernst nehmen, um sie nicht „nach rechts zu verlieren“. Finanzminister Theo Waigel hatte kürzlich eine Absenkung der Grundbedarfssätze gefordert, um den Abstand zu den niedrigen Lohngruppen zu vergrößern. Um das Sozialhilfegesetz aber zu ändern, bedarf es der unbedingten Zustimmung des Bundesrats. Und dort haben die Länder bereits 1996 signalisiert: Nicht mit uns. roga

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