Ravioli, Falten und andere Attraktionen

■ Ein Kurzfilm auf den neuen Namen: Eine Kosmetikfirma verschönt sich mit dreihundert kleinen Filmen über Körper, Kinder, Krampf und Krankheit

Häuser, schwarz und porös wie schlechte Zähne, ragen in einen popelgelben Himmel. Alles scheint zu kränkeln in den Händen des Kameramannes. Auch der Bildstand wirkt asthmatisch und leitet damit über zur familialen Krankengeschichte. Mein Papi heißt der Film von Jörg Buttgereit, der sich vor allem durch romantisch-melancholische Splatter verdient gemacht hat. Buttgereits Vater und titelgebender Held ist Bierfahrer, und wenn er nicht gerade im Gerippten aus dem Fenster lehnt, ißt er gerne mit seinem Sohn etwas, das wie Ravioli aussieht. Doch Jörgs Papi plagt eine Zyste im Kopf, wie ein sehr natürliches Hirnmodell veranschaulicht. Ganz nebenbei und unangestrengt verzahnen sich Schnitt und gut kalkulierter Dilettantismus zu einem kunstvollen Instant-Filmchen, das zum Wettbewerbsthema „Die Zukunft des Körpers“bereits das meiste sagt.

„Die Zukunft des Körpers“, das hat sich eine Hamburger Kosmetikfirma ausgedacht, um ihr großes Herz für die kleinen Filme zu beweisen und um ganz nebenbei auf ihr verändertes Label hinzuweisen. (Elida trägt jetzt nicht mehr den Nachnamen Gibbs, sondern Fabergé). Gezeigt wird eine Auswahl der insgesamt 300 eingereichten Kurzfilme, die am 25. April im Rahmen der Oberhausener Kurzfilmtage von einer Jury prämiert wird.

Viele der Beiträge betreiben fleißig den Ausverkauf alter Geschichten. Und bei Filmen wie Dating Mephisto blitzten hinter aller werbeästhetischen Camouflage doch die Falten greiser Bilder. Erstaunlich bleibt, trotz allen Bilderraubs, die Vielfältigkeit im Ganzen und der seltene Eigensinn im Vereinzelten. Manches ist schrecklich kulturpessimistisch (Vom Wasser ins All) und will uns noch einmal das Fürchten vor dem bösen Cyberspace, verschlagenen Robotern und den ungesühnten Möglichkeiten des Klonens erzittern lassen. Die meisten deklinieren jedoch den symbolischen Mehrwert des Themas durch: der Körper als Wunde (The Beach), der Körper als Landschaft (Körperzeiten), als ewige Baustelle manischer Pickelausdrücker und Busenwunder (Die Topsau,Lolos Tears), der Körper als Folterstätte zusammengestauchter Egos (L'Egoiste), der Körper für die öffentliche Nutzung oder private Sinnesfreuden. Mutiert bis zum Kaktus-Schwanz (Prickle) oder mit jedem Bild neu gezeugt als virtuelles Produkt, das sich unbändig über die eigenen Attraktionen freut. Birgit Glombitza Heute, 23 Uhr Zeise