Solare Mogelpackung derIndustrie gescheitert

■ Umweltsenator lehnt Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Solarenergie als ungenügend ab. Verordnung weiter auf Eis

Alles muß man selber machen: Weil die „Selbstverpflichtung“ der Industrie zur Solarenergie ungenügend ist, will die Umweltverwaltung den Unternehmen jetzt mit einer eigenen Verpflichtungserklärung auf die Sprünge helfen. Denn die Unternehmen unter Führung der Industrie- und Handelskammer weigern sich, die Anforderungen der Solaranlagenverordnung umzusetzen. Der mehrfach nachgebesserte Entwurf der „Initiative der Berliner Wirtschaft zur CO2-Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen“ wurde gestern von Umweltsenator Peter Strieder (SPD) abgeschmettert. „Der Vorschlag entspricht keineswegs dem, was wir davon erwartet haben“, erklärte Strieder vor dem Umweltausschuß des Abgeordnetenhauses. Damit ist das Konzept der Industrie Makulatur.

Hintergrund ist der Streit um die Solaranlagenverordnung, mit der Bauherren dazu verpflichtet werden sollen, 60 Prozent des zentralen Warmwasserbedarfs bei Neubauten über Solaranlagen zu produzieren. Die Verordnung wird vom Abgeordentenhaus seit Sommer 1995 gefordert und scheiterte im Senat mehrfach an den Einsprüchen von Bausenator Jürgen Klemann (CDU) und der Industrie, die dadurch eine Verteuerung von Neubauten befürchten. Im Dezember 1996 setzten die Parlamentarier eine Frist: Wenn sich die Industrie bis Ende Februar nicht zu einer Selbstverpflichtung durchringen könne, die den Erfordernissen der Verordnung „gleichwertig“ sei, solle die Verordnung in Kraft gesetzt werden.

Das Konzeptpapier der Industrie, das der taz vorliegt, entspricht allerdings diesen Vorgaben nicht. So konzentrieren sich die Unternehmen fast ausschließlich auf die CO2-Einsparung, die durch Solaranlagen möglich wäre, aber durch andere Maßnahmen billiger zu haben ist. Die Forderung der Parlamentarier, durch die Verordnung die Markteinführung für die Solarenergie in Berlin voranzubringen, wird größtenteils ignoriert. Statt der erwarteten über 10.000 Quadratmeter Kollektorfläche Solaranlagen verspricht das Konzept für die Jahre 1997 und 1998 jeweils nur etwa 2.500 Quadratmeter. Dennoch schreibt die Industrie: „Wir verstehen unser Angebot als gleichwertige Alternative zur Solaranlagenverordnung und gehen davon aus, daß die CO2-Minderung den Erlaß der Verordnung überflüssig macht.“

Davon könne nicht die Rede sein, betonte Strieder. Er werde nun „auf Chefebene“ mit der Industrie verhandeln, doch mit einem Abschluß rechne er nicht vor Ende Mai. Seine Verwaltung habe Anweisungen, sich „mit diesem Papier nicht weiter zu beschäftigen“. Die Solaranlagenverordnung will Strieder dennoch nicht in Kraft setzen, weil er Schlupflöcher in der Regelung fürchtet.

Auch Carsten Körnig von Greenpeace kritisiert, der Vorschlag bringe weder eine Marktöffnung noch Planungssicherheit für die Solarfirmen. Auch habe die Wirtschaft betont, die Verpflichtungen seien nicht verbindlich, moniert Greenpeace. Als „Zumutung“ empfindet es Körnig, daß das Papier statt eines geforderten schlüssigen Konzepts „Erwartungen an Politik und Verwaltung“ stellt. Bernhard Pötter