„Das wäre ein Schlag ins Wasser“

■ Bayerns Innenminister Günther Beckstein über die rechtsextreme Szene: Die „Jungen Nationaldemokraten“ zu verbieten, findet er problematisch und wenig erfolgversprechend

taz: In den letzten Jahren hat es keinen derart großen Aufmarsch der rechtsextremen Szene mehr gegeben wie Anfang März bei der Eröffnung der Wehrmachtsausstellung in München. War dies eine neue Qualität?

Günther Beckstein: Es war eine bundesweite Bündelung der rechtsextremen Szene und seit vielen Jahren mit weitem Abstand der größte Auftritt in Bayern. Es war ganz offensichtlich, daß die rechtsextremen Organisationen nach einer Gelegenheit gesucht haben, ihre Kraft unter Beweis zu stellen.

Organisator von München war die JN und die NPD. Gerade bei den „Jungen Nationaldemokraten“ sind viele führende Mitglieder verbotener Organisationen untergekommenen. Ist die JN ein regelrechtes Auffangbecken?

Es ist eindeutig, daß bei JN und NPD die Schranken gegenüber gewaltbereiten Rechtsextremisten niedriger geworden sind. Man arbeitet mit solchen Kräften besser und enger zusammen als früher. Ich sehe mit Sorge, daß das rechtsextreme Spektrum enger zusammengerückt ist.

Waren die Äußerungen Gauweilers im Vorfeld der Ausstellungseröffnung Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremisten?

Eine der Stärken von Peter Gauweiler ist, sich plakativ zu äußern. Das Risiko war hoch, daß die Zusammenhänge anders gesehen werden, als er es wollte.

Die JN ist gerade in Bayern sehr stark. Was wollen Sie tun?

Die JN ist eine unselbständige Teilorganisation der NPD und bundesweit tätig. In Bayern sind es 50 Mitglieder. Ein Verbot, verhängt von Landesbehörden, ist also nicht möglich. Das müßte über das Bundesverfassungsgericht laufen. Man bräuchte dazu zwar nicht die ganze NPD ins Auge zu fassen, sondern könnte den Verbotsantrag nur auf die Unterorganisation JN beschränken. Aber solche Verfahren ziehen sich Jahre hin.

Von Bayern ist also kein derartiger Vorstoß zu erwarten?

Nein, ich halte das nicht für erfolgversprechend. Aufgrund der langen Dauer des Verfahrens wäre eine solche Maßnahme doch ein Schlag ins Wasser. Außerdem ist die Verbotsfrage, bekanntermaßen gerade im Bereich der Parteien, ganz besonders problematisch.

Die JN verfolgt das Konzept von autonom operierenden Kadern, Einzeltäter haben darin ihren festen Platz. Haben die Sicherheitsbehörden solche Organisationen überhaupt noch im Griff?

Ich gehe davon aus, daß die bayerischen Sicherheitsbehörden alles, was in Bayern passiert, im wesentlichen kennen. Da bei uns die Zugangslage zum rechtsextremen Spektrum sehr gut ist, verfügen wir stets über die wichtigsten Informationen. Die Risiken von falschen Prognosen sind daher bei uns relativ gering. Wenn es sich aber um Einzeltäter oder um wenige einzelne handelt, kann man natürlich nie ausschließen, daß etwas an den Behörden vorbeigeht. Interview: Bernd Siegler