Jobs an der virtuellen Pinnwand

■ Bei Zeitungen geht Angst um: Der Boom des Stellenmarkts im Internet bedroht eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen

„Jobs im Bereich Telefonerotik, Telefonsex. Verdienst ab 4.200 Mark, bis zu 7.500 Mark im Monat.“ Mit knappen Worten bietet die „Berlin. Date Line“ auf ihrer Homepage ihre freien Stellen an. Im deutschsprachigen Netz boomt seit einem Jahr ein Markt, der in den USA schon längst etabliert ist – Stellensuche im Internet. „Solche Stellenausschreibungen sind billiger, schneller und leichter zu durchschauen“, sagt Sabine Kostka, Sprecherin einer Stellenbörse, die sich auf die Computerbranche spezialisiert hat (www.dv.job.de). Rund 900 Mark kostet eine Anzeigenschaltung im Web – und ist dann einen ganzen Monat lang abrufbar.

Bei den Printmedien geht die Angst um: Eine der wichtigsten Einnahmequellen droht zu versiegen. Mit 70.000 Mark läßt sich beispielsweise die FAZ eine Seite Stellenangebote entlohnen – bei 60 bis 70 Seiten pro Woche ein Batzen Geld. Die klugen Köpfe aus Frankfurt fordern ihre Kunden bereits auf, im Anzeigentext nicht auf die Internet-Ausschreibung zu verweisen.

„Die Printmedien sind extrem unter Druck“, bestätigt Roland Metzger, Geschäftsführer des größten Stellenmarktes im deutschsprachigen Internet, Job & Adverts (www.jobs.adverts.de). „Die Nervosität der Großen zeigt sich am Werbeaufwand, den manche Verlage auf einmal für ihre Anzeigenseiten betreiben.“ „Es gibt eine Konkurrenzsituation mit dem Internet“, räumt auch Thomas Breyer vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDVZ) ein. Das läge allerdings eher an der lauen Konjunktur.

140 Anbieter von virtuellen Jobbörsen gibt es inzwischen. Vor einem halben Jahr waren es gerade mal 50. In den USA hat die Online- Jobsuche bereits andere Dimensionen erreicht: Im „Career Path“ werden jeden Monat angeblich 325.000 Jobs ausgeschrieben (www.careerpath.com). Nur die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit kann da mithalten: 200.000 Jobs sind seit Anfang des Jahres unter www.arbeitsamt.de zu finden. Der größte kommerzielle Stellenmarkt bringt es gerade auf 1.500 Angebote pro Monat.

Viele große Verlage haben inzwischen reagiert. Die Handelsblatt-Verlagsgruppe hat einen eigenen Service aufgezogen (www. karrieredirekt.de). Doch die Anzeigen kommen nur in den Cyberspace, wenn sie auch eine Printanzeige in einer der Verlagszeitungen kaufen. Gruner + Jahr (www.business-channel.de) oder die Zeit (http://win.bda.de/bda/int/zeit/stellenmarkt/index.html) bieten mittlerweile Jobbörsen via Internet an.

Doch fast alle können nur verlieren: Auf dem virtuellen Stellenmarkt läßt sich längst nicht soviel Geld verdienen wie mit Printanzeigen. Ein Teil des Zeitungsmarktes wird möglicherweise zusammenbrechen. Zum Beispiel für Computerberufe. Wer über das Internet reagiert, sei oft besser qualifiziert, behaupten manche.

Über 1,2 Millionen „Hits“ pro Monat hat die Homepage von Jobs & Adverts angeblich. 10 Prozent der Surfer schauen sich die Angebote genauer an. Auch die Stellenbörse von Jobware (www.jobware.de) will solch hohe Besucherzahlen haben. Das sind Zahlen, die sich durchaus mit den Auflagen der überregionalen Zeitungen aus Frankfurt und Hamburg messen lassen. Christoph Dowe