Vom Protektorat zum bedrohlichen Armenhaus

■ Die wechselhafte Geschichte der albanisch-italienischen Beziehungen

Das Verhältnis Albaniens zu Italien ist seit langem ambivalent. Einerseits leben noch immer viele Nachfahren jener Albaner in Italien, die nach der Niederlage des Generals Skanderberg gegen die Muslime 1467 aufgenommen wurden und in Kalabrien und Sizilien eigene Dörfer aufbauten; gut 70 Orte mit insgesamt mehr als 200.000 Einwohnern haben derzeit sogar die Erlaubnis, albanische Sprache, Kultur und (meist griechisch-orthodoxe) Religion in den Schulen zu pflegen und zweisprachige Schilder an den Straßen anzubringen. Andererseits gab es seitens der Italiener auch immer wieder brüske Zurückweisungen notleidender Albaner.

Besonders wechselhaft gestalteten sich die Verhältnisse seit Beginn des Ersten Weltkriegs. Nach der Vertreibung des deutschen Fürsten Wilhelm von Wied, der das Land regiert hatte, wurde Albanien 1917 zunächst italienisches Protektorat. Nur unwillig gaben die Italiener dem Druck der anderen Siegermächte nach: Albanien wurde unabhängig und 1920 in den Völkerbund aufgenommen. Unter der Schirmherrschaft Italiens erklärte sich dann der vom konservativen Landadel gestützte Präsident Zogu 1928 zum König. Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs besetzten Mussolinis Truppen das Land; der Rückzug erfolgte nach dem Austritt Italiens aus der Allianz mit Nazideutschland 1943 (weshalb nun die Deutschen das Land besetzten). Die Befreiungsfront unter Enver Hodscha wurde in Italien zunächst wohlwollend gesehen – doch dann verlief alles nach der Logik des Kalten Krieges: Das Land lag nun „jenseits“ des Eisernen Vorhangs.

Mit dem Tod Hodschas und der Normalisierungspolitik seines Nachfolgers Alia hofften die Italiener wieder auf stärkeren Einfluß – doch als sich dann Ende der 80er Jahre erstmals Scharen von Habenichtsen nach Italien aufmachten, wurde es den Italienern schnell zuviel. 1992 wurden erstmals Zehntausende Flüchtlinge und Arbeitssuchende wieder zurückexpediert.