Bundesregierung verlangt von Ankara Mäßigung

■ Nach der Festnahme in Krefeld erwartet Bonn eine Korrektur der Vorwürfe der türkischen Regierung. Schlägerei bei der Trauerfeier für die Opfer in Köln

Bonn (AP/dpa/AFP/taz) – Die Bundesregierung erwartet nach den neuen Entwicklungen bei den Ermittlungen im Krefelder Brandanschlag eine Mäßigung der Äußerungen aus der Türkei. Die Türkei hatte Deutschland mangelnden Einsatz gegen Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen. Der stellvertretende Regierungssprecher Herbert Schmülling sagte gestern in Bonn, die Bundesregierung sei „der Hoffnung, daß sich das Verhältnis wieder verbessert“. Zur Haltung der Bundesregierung in den Beziehungen mit der Türkei sagte Schmülling: „Wir sind da eigentlich nicht am Zug.“

Der Anschlag hatte eine Eskalation der Spannungen in den deutsch-türkischen Beziehungen ausgelöst. Der türkische Regierungschef Necmettin Erbakan hatte die Bundesregierung beschuldigt, durch ihre Türkeipolitik ausländerfeindlichen Anschlägen Vorschub geleistet zu haben. Das Auswärtige Amt hatte deshalb den türkischen Botschafter einbestellt und scharf protestiert.

Die türkische Innenministerin Meral Aksen, eine Vertraute von Außenministerin Tansu Çiller, sagte laut der türkischen Agentur Anadolu, die Deutschen wollten sich der Türken entledigen, „indem sie sie verbrennen“. Bundesinnenminister Manfred Kanther hatte daraufhin von der türkischen Regierung ein Dementi dieser Äußerung verlangt. Angesichts des guten und freundschaftlichen Verhältnisses zur Türkei könne er sich nicht vorstellen, daß diese Äußerung tatsächlich gefallen sei.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Joachim Hörster, führte die Äußerungen auf innenpolitische Schwierigkeiten zurück. Hörster, der Mitglied der deutsch- türkischen Parlamentariergruppe ist, meinte, gerade Deutschland werde größere Schwierigkeiten bekommen, „die türkische Karte in der EU zu spielen“, wenn das so weitergehe. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir hat die Vorwürfe der Türkei an die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Brandanschlag von Krefeld zurückgewiesen. „Vom Ton und vom Inhalt her sind sie völlig unangemessen“, sagte Özdemir. Eine Besserung der Beziehungen werde es erst bei einem Regierungswechsel in der Türkei geben.

Bei der Trauerfeier für die drei Brandopfer von Krefeld ist es gestern in Köln zu Schlägereien gekommen. In Anwesenheit des türkischen Botschafters Volkan Vural versuchten mehrere Kurden, die Feier mit Sprechchören zu stören. Botschafter Vural wurde von den Kurden unter den rund 250 Trauergästen mit minutenlangen Pfiffen und Buhrufen empfangen. Der bei der Trauerfeier anwesende grüne Abgeordnete Cem Özdemir rief den Demonstranten zu, ihr Verhalten sei respektlos gegenüber den Toten.