Auch die Beste bleibt ungeküßt

Das 84:60 von Branchenführerin BTV Wuppertal im Play-off-Finale gegen Aschaffenburg beweist das Professionalitätsgefälle der Frauen-Basketballbundesliga  ■ Von Ute Berndt

Wuppertal (taz) – Rund 2.000 Zuschauer bekommen sie zu den Finalspielen immer in die schmucke Halle, doch ansonsten können die Basketballerinnen des BTV Wuppertal über die öffentliche Aufmerksamkeit nur klagen. Zwar sind die Frauen das beste Vereinsteam Europas und in der Bundesliga seit zwei Jahren ungeschlagen – aber selbst als sie sich beim Final-Tour-Turnier in Sofia vergangenes Jahr überraschend den Titel des Europapokalsiegers der Landesmeister sicherten, flimmerte das nur fern der Heimat über die Fernsehschirme.

Nur wenn die Finalserie der Bundesliga beginnt, können die beteiligten Klubs die Probleme für kurze Zeit vergessen. Am Sonnabend empfing der Meister den Herausforderer und Europaliga- Mitstreiter DJK Aschaffenburg und verlegte den Sprungball bereitwillig wegen einer Fernsehübertragung in zwei ARD-Regionalprogrammen.

Auf dem Spielfeld demonstrierten die Wuppertalerinnen dann erneut ihre Dominanz. Das Team, bestehend aus sechs deutschen Nationalspielerinnen und zwei Weltklasse-Australierinnen, fertigte die Vizemeisterin mit 84:60 (40:26) ab. Dabei überzeugte das Team wieder einmal mit den Tugenden, auf die Trainer Bernd Motte seit Jahren sein Erfolgsrezept gründet: mentale Stärke und eine knüppelharte Verteidigung, die das Spiel des Gegners schon im Ansatz zerstört. Die Aschaffenburgerinnen suchten vergeblich ihren Spielrhythmus und bissen sich an den keineswegs sonderlich stark aufspielenden Westdeutschen die Zähne aus.

Die Hoffnungen der Unterfranken, den Favoriten in ein enges Finale mit fünf Spielen zu zwingen, scheinen schon nach der ersten Partie geplatzt. Im Vorjahr hatten sie die Endspielserie glatt 0:3 verloren. Ein Jahr Europaligazugehörigkeit kann die internationale Erfahrung des Meisters auf höchstem Niveau noch nicht ausgleichen, und auch zwei knappe Zweipunkteniederlagen zu Jahresbeginn hatten der DJK offensichtlich nicht den nötigen Auftrieb gegeben. „Wir hatten zuviel Respekt, das hat sich gerächt“, klagte Trainer Marian Rascacea.

Daß der BTV in der Bundesliga nicht genügend starke Konkurrenz hat, ist sicher auch eines der großen Probleme der Sportart. Für viele Klubs bedeutet schon allein der Start im Oberhaus eine finanzielle Gratwanderung, bei der selbst manche sportlich qualifizierte Teams kalte Füße bekommen. Das Professionalitätsgefälle ist enorm. Neben den Wuppertalerinnen gab es in den vergangenen Jahren jeweils höchstens noch zwei andere Spitzenteams. Während die ihre Spielerinnen zweimal täglich zum Training bitten, müssen andere Vereine mit drei bis vier Übungseinheiten pro Woche auskommen.

In der Bundesligaspitze läßt sich recht gut Geld verdienen, doch selbst beim BTV und in Aschaffenburg arbeiten die deutschen Spielerinnen noch in einem „richtigen“ Beruf oder studieren. Und der Versuch von Wemex Berlin, eine ganze Mannschaft auf Vollprofibasis zu unterhalten, endete 1995 mit dem Konkurs.

Auch beim Zuschauerzuspruch gibt es große Unterschiede. Während Wuppertal, Aschaffenburg und Osnabrück auch in normalen Spielen mit knapp 1.000 Besuchern kalkulieren können, müssen andere Teams vor nahezu leeren Hallen spielen.

Auch Wuppertal gelang es nicht, seinen europäischen Titel zu vermarkten. Im Gegenteil: Der Etat mußte für diese Saison zusammengestrichen werden. Ohne Sponsoren läuft nichts im Frauenbasketball, und ohne Medieninteresse läuft nichts bei den Sponsoren. Auf der Suche nach einem Ausweg gelang dem Deutschen Basketball-Bund ein Coup: Gegen viele (auch interne) Widerstände erhielten die DBB-Funktionäre den Zuschlag für die WM 1998. Das Dornröschen soll mit diesem Großevent wachgeküßt werden, schließlich ist Frauenbasketball international auf dem Vormarsch.

34.000 Zuschauer im Schnitt machten die Auftritte des US- Teams bei den Olympischen Spielen in Atlanta zum Medienhit. Im Anschluß wurde gleich zwei neue Profiligen für Basketballerinnen gegründet, die schon vor dem Start ihre Fernsehverträge sicher hatten.

Daß die Euphorie auf Deutschland übertragbar ist, muß allerdings bezweifelt werden. „Wir sind Realisten geworden“, sagt Coach Bernd Motte, der in Personalunion auch Bundestrainer ist. Zur zweiten Final-Four-Teilnahme seines BTV von morgen bis Donnerstag in Larissa (Griechenland) reist ein ZDF-Team mit, und der WDR plant zumindest im Falle des Finaleinzugs eine einstündige Sondersendung. Aber: „Selbst wenn wir unseren zweiten Titel holen – wir ändern nicht die Welt“, sagt Motte, „denn wir spielen ja nur Frauenbasketball.“