Umzug als Schritt in neue Bildungs-Ära

■ Pläne für neue Hochschule in Grohn: Private Tochterhochschule und Masters-Abschlüsse

Der mögliche Umzug der Hochschule Bremen von der Neustadt nach Grohn hat Rektor Roland Mönch und seine Planer zu großen Gedanken beflügelt. 150 Seiten stark ist die Beschlußvorlage für die nächste Sitzung des Akademischen Senats am kommenden Montag, in der Gedanken und Strategien zur Weiterentwicklung der Fachhochschule zu einem Maßnahmebündel zusammengetragen worden sind. Denn die sinkende Zahl von StudentInnen zwingt die Hochschule, ihr Angebot attraktiver zu machen. Spektakulärster Plan ist hierbei die Gründung einer privaten Hochschule als Tochterfirma, die über Studiengebühren von bis zu 8.000 Mark im Jahr finanziert werden soll.

Der kostenträchtige Bereich Personal verbliebe bei der Hochschule, Dozenten würden nur nach Bedarf an die Privatschule verliehen. Gegen Studiengebühren könnten dann laut Hochschulsprecher Ulrich Berlin Bewerber zum Zuge kommen, die etwa im regulären Architekturstudium keinen Platz kriegen. Außerdem sollen Studis aus den „aufstrebenden Industrieländern“für ihr Studium an einer „Hanse-Hochschule“bezahlen. Bremen wäre billiger als die Konkurrenz in den USA oder Holland. „Wenn wir uns da nicht bewegen, geht der Kuchen an uns vorbei“.

Eine Trennung von Barzahlern in der „Belle Etage“und regulären Studis im Keller wolle man aber nicht, versichert Berlin. So wolle die Hochschule für bedürftige StudentInnen kostengünstige Darlehen organisieren. Für englischsprachige Studiengänge in Schiffbau und Meerestechnik, Global Management und Mikrosystemtechnik, die ab dem kommenden Semester angeboten werden sollen, wirbt die Hochschule schon jetzt in Zei-tungsanzeigen in Brasilien.

Die Überlegungen einer privaten Hochschule seien unabhängig von der Standortfrage, sagt Berlin. Allerdings sei das Konzept einer auch für Barzahler attraktiven Hochschule auf dem geräumigen Campus in Grohn leichter zu realisieren als in der Neustadt.

Beobachter vermuten hinter dem Konzept des Rektors die Notlage, die vielen neuen Studiengänge finanzieren zu müssen, ohne dafür zusätzliche Mittel zu bekommen. Denn seit 1988 hat die Hochschule zwölf neue, zumeist international ausgerichtete Ausbildungen auf den Markt geworfen. Für fünf weitere, die im nächsten Semester angeboten werden sollen, steht die Genehmigung der Bildungsbehörde im Mai an. Jeder Studiengang kostet die Hochschule etwa 600.000 Mark jährlich, rechnet Berlin vor. Neue Stellen gibt es dafür kaum. Sie müssen aus den Stellenpools der etablierten Fachbereiche mit Nachfrageschwund, wie etwa Maschinenbau und Elektrotechnik, herausgenommen werden.

Für den grünen Wissenschaftspolitiker Hermann Kuhn ist das Papier eine „Flucht nach vorne“und als Diskussionsgrundlage „auf jeden Fall fruchtbar“. SPD und CDU wollten sich noch nicht äußern.

In seiner Diagnose benenne Mönch einige der entscheidenden Probleme der heutigen Hochschulen, sagte Kuhn. Vieles von dem, was nun über die private Schiene verwirklicht werden soll, würde die Hochschule Bremen ohnehin machen, wenn es rechtlich möglich wäre, so etwa Bachelor- und Masters-Abschlüsse nach zwei Jahren.

Auch verhindere das Dienstrecht, noch schneller auf Nachfrage für bestimmte zukunftsträchtige Ausbildungen zu reagieren und Aufbaustudiengänge zu entwickeln. Solche Neuerungen, glaubt Ulrich Berlin, wären in einer privaten Gesellschaft leichter zu handhaben. Die Wissenschaftsbehörde bleibe Kontrollinstanz, um die Qualität der Abschlüsse sicherzustellen.

In der Verwaltung will man sich zu den Hochschul-Plänen noch nicht äußern, ehe nicht im Juli das Prognos-Gutachten über Sinn oder Unsinn des Umzugs nach Grohn vorliegt. Das bremische Hochschulgesetz müsse aber geändert werden, denn private Hochschulen sind dort nicht vorgesehen. jof