Das Portrait
: Der neue Oberbauer

■ Gerhard Sonnleitner

Der Neue ist 48 Jahre alt, kommt aber aus einem Jahrhunderte alten Traditionsbauernhof in Niederbayern: Der parteilose Gerhard Sonnleitner wird heute vom Vize zum Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes aufsteigen. Sein Vorgänger war in gut 27 Jahren Amtszeit zur Gebetsmühle der deutschen Politik geworden: „Subventionen für die Landwirtschaft sind nötig“, so das Credo von Constantin Freiherr Heereman.

Gestern hat er seinem Nachfolger Sonnleitner über das Deutschlandradio Berlin noch einmal öffentlich ins Stammbuch geschrieben, warum die bisherige Politik der Massenproduktion richtig war und ist: „Die Landwirtschaft mußte ihre Produktion steigern, um überhaupt ein Einkommen zu haben.“ Die Verbraucher seien nicht bereit, höhere Preise zu bezahlen. Ein Ei koste heute 19 Pfennig wie vor 30 Jahren. Zur Aufforderung des Bundes Naturschutz an Gerd Sonnleitner, die biologische Landwirtschaft ernster zu nehmen, sagte Heereman, die bisherige Haltung sei von allen mitgetragen worden. „Man soll jetzt nicht glauben, daß das Ruder im Bauernverband total rumgerissen wird.“

Das glaubt auch keiner. Immerhin war der Neue schon die letzten Jahre viel nach Brüssel gereist und hatte so die EU-Agrarpolitik samt den Milliarden-Subventionen mit ausgerungen. Doch der Rinder- und Schweinemäster aus dem Dorf Ruhstorf in der Gemeinde Rott bei der Stadt Passau wird schon ein wenig mehr auf regionale Landwirtschaft achten – allein weil er in Süddeutschland dem Überlebenskampf der kleineren Bauern näher ist als ein Gutsbesitzer Heereman aus der norddeutschen Tiefebene. Dort herrscht von den Schweine- und Hühnerfabriken Westfalens bis zu den „roten Baronen“ in den ehemaligen LPG Ostdeutschlands teils schon die für einen freien Weltmarkt nötige industrielle Agrarproduktion.

Biobauern waren für Heereman nur Nischenfüller. Sonnleitner muß um jeden Bauern froh sein, der biologisch oder zumindest wenig intensiv wirtschaftet. Denn er produziert weniger Überschüsse pro Hektar. Sein Problem: Die Subventionsinteressen der Agrarfabriken sind andere als die der regional wirtschaftenden kleineren Höfe. Da droht die Spaltung der Bauern und damit auch die Schwächung des Bauernverbandes. „Dann stünde es schlecht um die Landwirtschaft, dann zerfällt alles“, fürchtet Sonnleitner. rem