Wieviel Mark ist ein Euro wert?

Die Festlegung der Wechselkurse zu Beginn der Europäischen Währungsunion birgt zahlreiche Risiken. Noch wissen die EU-Finanzminister nicht, wie der Kurs des Euro bestimmt werden soll  ■ Von Nicola Liebert

Berlin (taz) – Bevor die Europäische Währungsunion ein für allemal mit den Wechselkursproblemen zwischen den Mitgliedsländern aufräumt, dürfte es noch einmal spannend werden auf den Devisenmärkten. Zwar wissen die EU-Finanzminister nach ihrem Treffen am vergangenen Wochenende in Noordwijk ganz genau über die Zeit nach dem Start der Währungsunion am 1. 1. 1999 Bescheid: Drakonische Geldstrafen sollen dann für Haushaltsdisziplin sorgen. Doch was alles noch vor diesem Stichtag passiert, darüber herrscht Unklarheit. So könnten die EU-Staaten die achtmonatige Lücke zwischen der Auswahl der Teilnehmer im Mai 1998 und dem Beginn des Stabilitätspaktes 1999 dazu nutzen, noch schnell ihre Haushalte mit allerlei Ausgaben zu belasten.

Die Währungsumstellung selbst ist auch nur auf den ersten Blick ein Kinderspiel: Am 1. Januar 1999 friert der EU-Finanzministerrat einstimmig die Wechselkurse ein, am 1. 1. 2002 verschwinden Mark, Franc & Co. endgültig. Aber angenommen, die D-Mark wird im Dezember 98 noch kräftig aufgewertet gegenüber dem französischen Franc. Dann wird am 1. 1. 99 für die deutsche Exportwirtschaft ein Wettbewerbsnachteil festgeschrieben, weil ihre Preise in Euro im Verhältnis zur französischen Konkurrenz höher liegen. Umgekehrt bekommen französischen Sparer für ihr Geld weniger Euro als die deutschen.

Um sich in eine gute Startposition zu bringen, könnten die künftigen Mitgliedsstaaten der Währungsunion versucht sein, noch kurz vorher ihre eigene Währung massenhaft auf den Devisenmarkt zu werfen und so eine Abwertung zu inszenieren. Auch von Spekulanten könnte diese Phase der Unsicherheit ausgenutzt werden. Die Union litte dann an dem Geburtsfehler verzerrter Währungsverhältnisse.

Im Europäischen Währungsinstitut werden derzeit heftig die Alternativen diskutiert. So könnte man zur Berechnung des Euro- Kurses statt der Marktkurse am Stichtag auch Durchschnittskurse oder die existierenden Leitkurse des Europäischen Währungssystems (EWS) zugrunde legen. Beide Methoden haben jedoch ihre Nachteile.

Je nach der Zeit, die zur Berechnung der Durchschnittskurse angesetzt wird, ergeben sich unterschiedliche Kurse, die um mehrere Prozent von den aktuellen Kursen abweichen können. Dann käme auf die nationalen Ökonomien ein erheblicher Wechselkursschock zu. Die Orientierung am Leitkurs würde ähnliche Gefahren bergen. Die Iren beispielsweise müßten nach derzeitigen Wechselkursen dann gegenüber der Mark eine Abwertung um 9 Prozent verdauen.