Die polnische Mafia und der BMW

Über 400 Autos werden Jahr für Jahr in Bremen geklaut, und bei den meisten geht die Polizei davon aus, daß sie in den Osten verschoben werden. Der BMW des Angeklagten Andrzey A. fährt inzwischen auch auf russischen Straßen, aber gestohlen ist er dann doch nicht. Wegen Vortäuschung einer Straftat und versuchten Versicherungsbetruges stand der 37jährige Andrzey A. deswegen gestern vor dem Amtsgericht Bremen.

Innerhalb kurzer Zeit bekamen nämlich Polizei und Versicherung erhebliche Zweifel an seiner Version zum angeblichen Tathergang, nachdem er im Februar 1995 zuerst im Polizeirevier Neustadt Anzeige erstattet und danach der Versicherung den Diebstahl seines Wagens gemeldet hatte: Zum einen hatte Andrzey A. bei ihr offenkundig falsche Angaben zum Wagen gemacht. Und zum anderen kam bei einem Datenabgleich mit den polnischen Behörden raus, daß der Wagen bereits eine Woche vor der Diebstahlsmeldung beim Grenzübertritt nach Weißrußland registriert worden war.

Bei dem Gerichtstermin unter Vorsitz des Richters Klaus Richter legte der Angeklagte dann ein komplettes Geständnis ab und erzählte alle Einzelheiten des mißlungenen Coups: Wie er bei einem Verwandtenbesuch in Polen von ihm unbekannten Männern auf den Wagen angesprochen worden war. Wie diese dann in kürzester Zeit einen Käufer organisierten. Wie er bei den Kaufverhandlungen übers Ohr gehauen wurde und statt des tatsächlichen Wertes von rund 19.000 Mark nur 8.800 Mark bekam. „Entweder Du verkaufst, oder Du kommst nicht wieder zurück“: Mit diesen Worten soll er unter Druck gesetzt worden sein, aber zur Droh-Peitsche gab es dann das vermeintliche Zuckerbrot gratis dazu, denn diese Männer gaben ihm den „guten“Rat, seinen BMW einfach in der BRD –„aber nicht an Deinem Wohnort“– als gestohlen zu melden, dann bekäme er schon sein Geld. Er bräuchte nur noch ein paar Tage in Polen auf seine Papiere zu warten.

Und an diesem Tip biß sich Andrzey A. dann bei den deutschen Behörden die Zähne aus. Sie ermittelten gegen ihn, durchsuchten sogar seine Wohnung, weil er in Bremen Kontakt zu einem Mann hatte, der im Verdacht steht, an größeren Schiebereien beteiligt zu sein. Gestern kam der in den achtziger Jahren als politischer Flüchtling anerkannte Andrzey A. dann aber doch noch mit zwei blauen Augen davon. Weder war bei der Durchsuchung im November 1995 belastendes Material gefunden worden, noch war er in den letzten zehn Jahren, seit er in Deutschland lebt, strafffällig geworden. Mit Tränen in den Augen versprach er, daß ihm so etwas nie wieder passieren würde. Und so blieb es vor dem Amtsgericht bei einer Geldstrafe in Höhe von 160 Tagessätzen auf Bewährung. Der Richter verdonnerte ihn aber noch dazu, 3.000 Mark Geldbuße an amnesty international zu zahlen. jsp