Nachgefragt
: Mehr Arbeit, aber wie?

■ Interview mit Arbeitsamtschef Hawel

Angesichts der anhaltend schlechten Lage auf dem Bremer Arbeitsmarkt sprach die taz mit Arbeitsamtsdirektor Christian Hawel über erfolgreiche Modelle zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wie etwa in den Niederlanden. Ob sich diese auch auf Bremen anwenden lassen und welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden müßten?

taz: Warum ist das niederländische Modell erfolgreich?

Christian Hawel, Arbeitsamtsdirektor Bremen: Die Niederländer und auch die Dänen sind sehr erfolgreich und melden Monat für Monat sinkende Quoten. Diese kleinen Länder haben aber den Vorteil der kurzen Verwaltungswege und sind damit flexibler.

Woran liegt das konkret?

Einmal das flexible Verhalten der Arbeitnehmer was Stundenkontingente und Lohnhöhe anbelangt. Die Kreativität der Unternehmen in der Produktion, das ist der Erfolg des holländischen Wegs.

Taugt der für Bremen?

Es werden sich sicher einige Ansätze realisieren lassen. Dazu gehören die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Ganz entscheidend ist die Absenkung der Lohnnebenkosten. Sehr genau austariert werden muß auch der Lohnanstieg. Er darf nicht ganz wegfallen, sonst geht zuviel Kaufkraft verloren. Klar muß aber auch sein, daß er ein Kostenfaktor ist. Ganz wichtig ist, daß die Betriebe innovativ sind. So wurden in der Vergangenheit Grundlagenforschung und Produktentwicklung stark vernachlässigt. Dadurch fehlen neue kreative Produkte mit hoher Wertschöpfung für deren Produktion hohe Löhne gezahlt werden können.

Geht Bremen mit der Orientierung hin zur Dienstleistung wie etwa Call-Center nicht einen völlig falschen Weg?

Die Entwicklung von Dienstleistung und Call-Centern schafft kurzfristig Arbeitsplätze. Größere Industriebetriebe nach Bremen zu locken ist zur Zeit fast unmöglich.

Aber ist denn dies auf Dauer ein vernünftiger Weg?

Teilweise. Es gibt auch Call-Center die technische Beratung oder so etwas machen. Da muß man sehr differenzieren. Trotzdem braucht Bremen natürlich auf die Dauer gesehen auch prodizierendes Gewerbe.

Ist dabei der Zug für Bremen nicht schon abgefahren?

Man muß sehen, daß Bremen in der Strukturveränderung zehn Jahre hinterherhinkt. Von daher muß Bremen jetzt eine gewisse Durststrecke durchlaufen. Vor allem nach dem Ende der Schiffbauindustrie. Man muß jetzt vor allem im mittelständischen Bereich was tun. So wie etwa in Osnabrück. Die haben in zehn Jahren im Mittelstand 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Das erfordert radikale Einschnitte. Auf wessen Kosten?

Wahrscheinlich muß der Arbeitnehmer am meisten bluten. Die Unternehmer müssen sich aber vom reinen Profitdenken lösen. Fragen: jeti