Nix Neues unter der Sonne

Alle Jahre wieder fällt dem CDUler Norbert Otto und einem CSU-Politiker mit dem kalauerträchtigen Namen „Johannes“ „Singhammer“ dasselbe ein: das Familienwahlrecht, „um das politische Gewicht von Familien zu stärken“. Singhammer geht wohl davon aus, daß Leute, die pausenlos zeugen, gebären und mit der Aufzucht beschäftigt sind, nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Zusätzlich zur eigenen Stimme sollen nämlich Eltern pro Kind eine weitere Simme abgeben dürfen, um, so nehme ich mal an, die Großfamilien von CDU und CSU zu unterstützen.

Gott ja, warum eigentlich nicht? Mir ist es sowieso wurscht, ich gehe eh nicht wählen. Trotzdem würde es mich interessieren, wie das praktisch durchgeführt werden soll. Papa wählt für die Jungs und Mama für die Deerns? Oder einer für alle? Oder es wird gelost? Gekniffelt? Sich geprügelt? Und was ist – falls die Eltern sich die Kinderstimmen teilen –, wenn die Anzahl der Blagen ungerade ist? Eins totschlagen oder schnell eins dazumachen? („Ja ja, ich weiß, daß morgen Waschtag ist, Maria – aber in neun Monaten ist Wahltag!“) Da stehen noch Dissertationen ins Haus.

Welche sich aber mit noch weiteren Möglichkeiten der Stimmenverteilung beschäftigen sollten. Denken Sie nur mal daran, daß Hunde meist die besseren Menschen sind. Und daß Kanarienvögel mehr bringen als undankbarer Nachwuchs; das ist alles erwiesen. Na, klingelt's da bei Ihnen? Und noch andere konservative Mehrheiten ließen sich auftun: Sie haben eine Zweit-, Dritt- oder Viertwohnung und noch ein Chaletchen dazu? Schwupps, schon hamse fünf Stimmen. Die könnte man auch pro Quadratmeter Landbesitz berechnen. Noch 'ne Idee – Sie könnten auch pro Steuermark soundsoviel Stimmen kriegen. Was sagen Sie? Das gab's schon mal? Klassenwahlrecht? Da können Sie mal sehen, es gibt nichts Neues unter der Sonne. Aber keine Bange, es schlägt nicht immer da ein, wo es gerade donnert. (Aber woanders.) Fanny Müller