Denn sie wissen nicht, was sie füttern

Raiffeisen-Genossenschaften jubeln den Bauern Gen-Soja unter. Kommt nun aus den USA auch noch manipulierter Mais? Nein, sagt das Europaparlament und fordert einen Importstopp  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – „Gen-Soja im Futtermittel? Die Chefs von Raiffeisen haben gesagt, sie verarbeiten es nicht.“ Der Verkäufer der Raiffeisen-Genossenschaft in Lübeck- Kronsforde ist sicher, daß sein Sojaschrot keine einzige genmanipulierte Bohne enthält. Er irrt. Greenpeace schickte das Tierfutter ins Labor. Resultat: Gentechnik positiv. Insgesamt 36mal kauften die Umweltschützer Futter in Raiffeisen-Lagern zwischen Lübeck und Braunschweig. In zwei von drei Säcken fand das Labor Gen-Soja.

Die falsche Beratung ist kein Einzelfall, ermittelten die Umweltschützer, die Verkäufer irrten auch in Burgdorf, Melsungen und Lütjenburg – oder logen. Fast überall lautete die Auskunft: kein Gen- Soja. Die Landwirte hören das gern. 72 Prozent erklärten den Umfragern von Emnid, kein Gen- Futter verwenden zu wollen, 91 Prozent verlangten eine Kennzeichnung.

Überrascht vom Wirbel zeigte sich der Futtermittelbeauftragte des Verbands der Raiffeisen-Genossenschaften, Bernhard Krüsken: „Es ist marktüblich, Gen- Goja unterzumischen – wir kennen keinen Lieferanten, der gentechnikfreie Ware anbietet.“ Falsche Auskünfte seien sicher Einzelfälle, die bei schriftlicher Anfrage nicht auftreten würden. Offenbar schreiben Landwirte keine Briefe: Nur einer von fünfundzwanzig Bauern wußte von der Gen-Soja. Über ein Drittel glaubt, daß ihr Futter gentechnikfrei ist, der Rest ist unsicher, ermittelte Emnid im Auftrag von Greenpeace.

Die Abgeordneten des Europaparlaments in Straßburg wollen jedenfalls der Gen-Soja nicht auch noch manipulierten Mais folgen lassen. Gestern beschlossen die Parlamentarier auf Antrag der Grünen einen Einfuhrstopp für die Gen-Körner. Die EU-Kommission solle die Genehmigung für Einfuhr und Anbau aussetzen, bis bewiesen sei, daß der Mais vom Schweizer Chemiekonzern Novartis (der Zusammenschluß von Ciba-Geigy und Sandoz) nicht krank macht. Die Abgeordneten empörten sich außerdem über die EU- Kommission, die trotz Ablehnung vieler EU-Länder und des Europaparlaments am 18. Dezember noch schnell vor Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung die Importerlaubnis erteilten. Dadurch ist der Gen-Mais auch künftig nicht kennzeichnungspflichtig.

Gen des Anstoßes im Mais ist vor allem die eingebaute Resistenz gegen Ampicilin, ein Antibiotikum. Es dient den Geningenieuren zur Markierung für eine erfolgreiche Manipulation, die durch die Resistenz im Labor leicht zu erkennen ist. Die Resistenz kann sich im Magen auf Bakterien übertragen und diese unempfindlich gegen das Medikament machen. Auch die Gen-Soja enthielt anfangs einen Marker, der aber nachträglich herausgezüchtet wurde. Die eigentlich gewünschten Gene im Novartis-Mais sind eine Resistenz gegen Unkrautvertilger und das Cry-Gen – es erzeugt ein insektenvertilgendes Protein.

Der Beschluß der Europarlamentarier ist für die Kommission allerdings nicht bindend. Österreich und Luxemburg hatten bereits einen Importstopp gegen Gen-Mais verhängt.