Kinder vor der Kamera zu Tode gequält

■ TV-Sender zeigte Horrorbilder. Opfer sollen nicht aus Deutschland stammen

Berlin (taz/dpa) – Die Recherchen im Bundeskriminalamt (BKA) fielen hektisch aus. Genötigt fühlten sich die Kriminalisten der Wiesbadener Behörde durch eine Schlagzeile der Bild: „Berliner Jungs für Pornos ermordet“, titelte das Millionenblatt gestern. Die dazu gehörende Story berichtete von dem 31jährigen britischen Staatsbürger Warwick Spinks, der momentan wegen Vergewaltigung eines 14jährigen in Haft sitzt und vor seiner Festnahme in der Nähe Amsterdams Pornos mit zuvor entführten Jungs gedreht haben soll.

Drei der fünf – meist obdachlosen und drogenabhängigen – Opfer sollen aus der Bundesrepublik stammen und planmäßig während der Dreharbeiten ermordet worden sein. Ihre Leichen befinden sich angeblich auf dem Grund eines Sees in den Niederlanden.

Der britische TV-Sender ITV zeigte gestern abend Ausschnitte der Vergewaltigungsvideos. Zu sehen waren Bilder, die zwei Journalisten gegen eine Kinderpornobande gesammelt hatten, aber auch Dialoge, die den inhaftierten Pornoproduzenten diskreditieren: „Ich bin gut im Beschaffen von streunenden Küken.“

Das BKA teilte nun gestern mit, daß die in den Niederlanden zu Tode gequälten Jungen nicht aus Deutschland kommen. „Es gibt nach derzeitiger Lage keinen Hinweis darauf“, sagte ein Sprecher der Behörde. Das BKA führt in seiner Vermißtendatei 423 Jungen und 305 Mädchen, die zum Zeitpunkt ihres Verschwindens nicht älter als 14 Jahre waren.

Vergeblich versuchte die niederländische Polizei, die Ausstrahlung des TV-Beitrag zu verhindern, „um die laufenden Ermittlungen nicht zu behindern“. 1990 erhielt die Amsterdamer Polizei erste Hinweise auf den Pornoring – doch deren Ermittlungen hätten keine Ergebnisse erbracht.

Die BKA-Datensuche muß nicht bedeuten, daß sich unter den mutmaßlichen Opfern des Pornorings keine Kinder aus der Bundesrepublik befinden. Viele Jugendliche, die aus ihren Elternhäusern flüchten, werden von ihren Erziehungsberechtigten aus Gleichgültigkeit nicht als vermißt gemeldet.

Gestern erst teilte Brandenburgs Jugendministerin Angelika Peters (SPD) mit, daß „Gewalt in der Familie zum Alltag“ in ihrem Bundesland zähle. Oftmals seien die Grenzen zwischen Vernachlässigung, psychischer Gewalt und brutalen Schlägen, etwa mit einem Gürtel, auch fließend. Rund 950 Brandenburger Eltern war 1995 das Sorgerecht entzogen worden; 5.500 Kinder befanden sich damals per richterlicher Anordnung in Heimen oder Pflegefamilien. JaF