Tödlicher Senf in einer Thomy-Tube entdeckt

■ Drohbriefe: Wird der Mutterkonzern von Thomy, nämlich Nestlé, erpreßt? In einem Supermarkt in Saarbrücken fand die Polizei mit Cyanid vergifteten Senf

Frankfurt/Bremen (taz/AP) – Der Frankfurter Lebensmittelkonzern Nestlé ist zur Zeit offensichtlich von einem neuen Erpressungsfall betroffen. In einem Supermarkt in Saarbrücken wurde eine Senftube der Nestlé-Tochter Thomy mit einer tödlichen Dosis Cyanid gefunden. Ein Firmensprecher teilte mit, Nestlé habe bereits am Montag einen „ominösen“ Brief erhalten. Darin heißt es wörtlich: „Dieses Mal sind nicht nur Thomy-Produkte betroffen.“ Anschließend würden Namen von drei gefährdeten Supermärkten in Saarbrücken, Bremen und Regensburg genannt.

Der Lebensmittelkonzern will nicht von Erpressung sprechen. Es könne sich genausogut um einen Verrückten handeln, hieß es. Zumal Thomy bereits im Herbst einen Drohbrief erhalten habe, in dem ebenfalls keine Forderungen genannt worden waren. Zudem teilte die Polizei in Regensburg mit, es gebe seit Monaten Schreiben, in denen jeweils andere Supermärkte mit angeblich vergifteten Thomy-Produkten genannt würden. Auch in ihnen sei nie Geld verlangt worden.

Unterdessen hat die Polizei die drei im jüngsten Schreiben erwähnten Supermärkte geschlossen. Sie wurden nach vergifteten Waren durchsucht. Zusätzlich warnte der Frankfurter Polizeisprecher Manfred Borchert vor dem Verzehr von Produkten, die dort zwischen dem 1. und 7. April gekauft wurden. Gewarnt wird vor dem Saarbrücker Plus-Markt an der Mainzer Straße, dem Regensburger Condi-Markt an der Walderdorffstraße und der Bremer Lidl-Filiale an der Graubündener Straße. Die KundInnen sollen sämtliche eingekaufte Waren bei örtlichen Polizeidienststellen abliefern. Unter der Nummer 0130 – 186110 wurde ein Bürgertelefon eingerichtet.

AnwohnerInnen der betroffenen Läden reagierten betroffen und vor allem wütend. Die Bremerin Herta Carlsen (67): „Ich habe die Nase von diesen Verrückten gestrichen voll. Mit meiner kleinen Rente bin ich auf die Lidl-Angebote angewiesen.“ Der Supermarkt liegt im Bremer Stadtteil Osterholz. In dem Viertel sind viele Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen und leben von Sozialhilfe. Es gibt nur noch einen weiteren Supermarkt.

Die Waren in den betroffenen Läden sollen jetzt ausgetauscht werden. Der Lidl-Verkaufsleiter in Bremen, Uwe Palait, sicherte zu, daß alle KundInnen entschädigt würden. Zudem will Thomy jetzt einen Kontakt zu dem Täter herstellen. Nach inoffiziellen Informationen aus dem Polizeipräsidium Frankfurt geht man jedoch von einer Tätergruppe aus. Dafür spreche das punktuelle Vorgehen in ganz Deutschland. Insgesamt sei das Tatverhalten aber schwer einzuschätzen. Jens Tittmann