Lieber freilärmen

■ Während Luscious Jackson in aller Ruhe erwachsen werden, gehen Bis mit ihrer Pubertät hausieren

Wenn es eine Verkörperung politisch korrekter und trotzdem stets spaßbereiter Jugendlichkeit gibt, so heißt sie Beastie Boys. Die drei New Yorker können alles: lokal aktiv sein, den Dalai Lama retten, mit dir in der Halfpipe stehen und gute von schlechter Musik unterscheiden. Zur Umsetzung von letzterem gibt es ihr Label Grand Royal, auf dem sie – wie es sich für Entscheidungsträger mit weitem Horizont gehört – unterschiedlichste Musik präsentieren. So fanden sich auf den jüngsten Veröffentlichungen wilder Noise, charmante Lounge-Musik und der digitale Hardcore der Berliner Atari Teenage Riot.

Musikalisch weniger extrem und doch sehr weit voneinander entfernt, präsentiert sich am heutigen Donnerstag im Logo nun eine Kombination aus der ersten und der letzten Band des Labels. Luscious Jackson, ein weibliches Quartett aus der musikalischen und geographischen Beastie-Boy-Nachbarschaft, haben dort gerade ihre zweite Platte veröffentlicht, auf der sie den zum Scheitern verurteilten Schritt wagen, sich mit Geschmack und Stil dem gefälligen Mainstream zu nähern. War ihr Debut noch ein kantiges Experiment an der Schnittstelle von HipHop, Rock und Grrrlism, so streben Luscious Jackson jetzt nach Ruhe. Fever In Fever Out wurde mit dem technisch versierten Bombast-Produzenten Daniel Lanois eingespielt und kündet durchgängig von jener Form von Reife, gegen die Jugend und Punk zu Recht aufbegehren. Die Energie, die sich auf den ersten Stücken der Band noch in vordergründigen Beats und inhaltlich offensivem Sprechgesang manifestierte, ist Vergangenheit, statt dessen künden mauschelige Grooves im Bandformat von häuslicher Gemütlichkeit.

Ganz anders dagegen Bis. Das schottische Trio erreicht zusammen keine 60 Jahre, ihr erstes Album wird dieser Tage erst veröffentlicht, und trotzdem haben sie schon viel von den Höhen und Tiefen des Musikgeschäfts kennengelernt. Das liegt natürlich vor allem im Wesen der britischen Musikpresse begründet, die an dieser Band aufs neue die Kraft des vereinten Jubels und die Tiefe des darauffolgenden Abgrunds demonstrierte.

So erscheinen Manda Rin, John Disco und Sci-Fi Steve trotz kaum vergangener Pubertät schon als in der Pop-Öffentlichkeit gealterte Künstler, inmitten des Versuchs, sich von allen Zuschreibungen freizulärmen. Denn die Geschwindigkeit, in der für Bis alles geschah, ist auch in ihren Stücken eingeschrieben: keine unnötigen Schnörkel trüben den klaren Blick auf das gutgelaunte Ende der Songs. Bis, die den hysterischen Überschuß der frühen B 52s zwar nicht kennen, aber trotzdem tief inhaliert haben, hausieren freigiebig mit ihrer Jugend.

Ihr Pop soll glänzen und flüchtig sein. Von solch offensivem Gestus haben sich Luscious Jackson aufgrund ihres fortgeschritteneren Alters verabschiedet, um mit der Gitarre am Lagerfeuer zu sitzen.

Holger in't Veld

Do, 10. April, 21 Uhr, Logo