Saubere Litfaßsäulen

■ (Wild-)Plakatieren wird für die lokalen Kulturveranstalter in Hamburg zu teuer

Die Besorgnis ist groß. Wenn die Stadt an ihren Plänen festhält, die sogenannte „Wildplakatierung“zu unterbinden, sei „der Fortbestand eines breiten kulturellen Angebots“nicht mehr gesichert. Das fürchtet die „Interessengemeinschaft Hamburger Kulturveranstalter“, der rund 20 Konzertagenturen und Musikclubs angehören.

Offiziell ist Plakat-Werbung im öffentlichen Raum der Hansestadt nur auf den Flächen erlaubt, die exklusiv von der „Hamburger Außenwerbung“(HAW) vermarktet werden. In Hamburg sind das 1200 Litfaßsäulen und 120 Großtafeln auf den U-Bahnhöfen. Jede andere Form der Plakatierung, sei es auf Bauzäunen oder Häuserwänden, ist illegal. Sie wurde aber geduldet – bis vor anderthalb Jahren.

Seit sich die Senatskommission für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr verstärkt mit dem Thema „Sauberkeit der Stadt“beschäftigt, sind die Zeiten für Wildplakatierer härter geworden. Schärfste Maßnahme: Die Ordnungsgelder wurden von 1000 auf 100.000 Mark erhöht. Jetzt droht den Klebern neues Ungemach. Die Stadt will im Wahlkampfjahr die „Sauereien“, wie manch Politiker schimpft, endgültig beseitigen.

Für ein porentief reines Hamburg wird vermutlich die Firma JC Decaux sorgen. Das französische Unternehmen, das bereits an den Bushaltestellen Leuchtreklame und Lichtsäulen betreibt, garantiert die Entfernung aller illegalen Plakate innerhalb von 48 Stunden. Dafür erhält es im Gegenzug weitere Werbemöglichkeiten.

„Dort zu werben, können wir uns nicht leisten“, klagt die Interessengemeinschaft. Vor allem die kleineren Läden seien wie bisher auf günstige Werbemöglichkeiten angewiesen. Derzeit zahlen sie pauschal rund 80 Pfennig pro illegal geklebtem DIN-A-1-Plakat, egal, wie lange das hängt. In Zukunft seien Preise von drei Mark pro Tag und Plakat nicht ausgeschlossen. Doch schon die 90 Pfennig, die die HAW jetzt pro Tag und Plakat verlangt, seien zu viel.

Deshalb hat die IG jetzt also ein eigenes Konzept vorgelegt. Ein Viertel der geschätzten 80.000 illegalen Anschlagstellen soll legalisiert werden. Um die Reinigung und Vermarktung der rund 20.000 Stellen will sich die IG kümmern: „Das würde uns das Überleben ermöglichen.“Doch die Chancen stehen schlecht. Ein früheres Gesprächsangebot hatte die federführende Baubehörde nicht angenommen.

Clemens Gerlach