■ Klimaschutz: Bundesregierung bestellte geschönte Studie
: Fälschen für den Standort

Ein Gutachten, das beweist, daß das Wasser den Rhein hinunterfließt, ist für wenig Geld zu haben, sagte einmal der Kabarettist Dieter Hildebrandt. Ein Gutachten aber, das beweist, daß das Wasser den Rhein hinauffließt, ist mit erheblichen Kosten verbunden. Das Gutachten der Forscher von RWI und ifo-Institut zur wirtschaftlichen Beurteilung der Klimaschutzpolitik vom vergangenen Jahr hat über eine halbe Million Mark gekostet. Auftraggeber war das Bundeswirtschaftsministerium.

Freilich hat es die Wirtschaftsforscher nicht gebeten, alle Wege zum Kohlendioxidsparen zu beleuchten, sondern bloß zwei: den Ausbau der Wärmedämmung und eine Förderung der Kraft-Wärme-Koppelung. Allein der Exwirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP), der den Auftrag gab, wird wissen, warum gerade diese zwei. Immerhin nannte die Enquetekommission des Bundestages zum „Schutz der Erdatmosphäre“ über 100 Maßnahmen. Daß es aber nur zwei waren, dafür liegen die Gründe auf der Hand: Das Wirtschaftsministerium wollte ein Ergebnis, das die Erreichung des Klimaschutzzieles von einem Viertel weniger Kohlendioxidausstoß bis 2005 als unrealistisch erscheinen läßt. RWI und ifo-Institut fehlte der Stolz, eine realistische Auswahl von Maßnahmen zu untersuchen. „So ist das halt bei Auftraggebern“, heißt es dort lapidar.

Heraus kam ein Horrorszenario, die Einhaltung des Klimazieles gehe nur auf Kosten von – was schon – Arbeitsplätzen. Daß das Gutachten nichts taugt, bewies nun das Wuppertal Institut, das das RWI/ifo-Papier analysierte. Mindestens drei weitere Klimaschutzmaßnahmen hätten RWI und ifo danach erforschen müssen: Energiesparprogramme, die konsequente Förderung erneuerbarer Energien und durchgreifende Maßnahmen im Autoverkehr. Nimmt man noch Energiesteuern hinzu, so wäre laut Wuppertal Institut das Klimaschutzziel noch zu erreichen. Allerdings nur durch entschlossenes Handeln.

Das ist wieder nicht Sache des Wirtschaftsministeriums. Lieber läßt es Klimaschutz schlechtrechnen und setzt weiter allein auf Kostensenkung für den Standort Deutschland statt auf zukunftsträchtige Innovationen. Das RWI/ifo-Gutachten war der Versuch, die Regierung auf elegante Weise von Kanzler Kohls eifrigen Versprechen zur Kohlendioxidminderung zu befreien. Er ist fehlgeschlagen. Das Wasser fließt weiter den Rhein hinunter. Matthias Urbach