Kosovo-Gespräche gescheitert

US-amerikanische Diplomatie versagt: Ein serbisch-albanischer Dialog findet nicht statt. Milošević spricht von einer innerserbischen Angelegenheit  ■ Von Karl Gersuny

Wien (taz) – Eine „Art zweites Dayton“ hätte es werden sollen, eine „Wende in den serbisch-albanischen Beziehungen“. So hatte es der ehemalige US-Diplomat und stellvertretende Exverteidigungsminister Cyrus Vance im Vorfeld der New Yorker Konferenz versprochen, bei der es um die Zukunft der Kosovo-Albaner in Serbien gehen sollte.

Gestern nun gestand der frühere UN-Sonderbeauftragte für Ex-Jugoslawien indirekt sein erneutes Scheitern als Balkan-Vermittler ein: „Wir können nur etwas erreichen, wenn alle Beteiligten Frieden wollen“, ließ Vance über einen Mitarbeiter ausrichten.

Wieder einmal ist es die Regierung in Belgrad, die einen internationalen Schlichtungsversuch ins Leere laufen läßt – diesmal in der ungelösten albanisch-serbischen Frage. Wie einst bei den unzähligen Bosnien-Friedensverhandlungen bis 1995 stellt sich der serbische Präsident Slobodan Milošević stur und erklärt das Problem der knapp zwei Millionen Kosovo-Albaner im Süden des Landes zu einer „internen Angelegenheit Serbiens“.

Schon bei der Unterzeichnung des bosnischen Friedensvertrags von Dayton vom Dezember 1995 verpflichte sich Milošević, das damals ausgeklammerte Kosovo- Problem auf friedlichem Wege beizulegen und unter internationaler Vermittlung eine Aussöhnung zwischen Serben und Albanern anzustreben. Nach Vorstellung der OSZE-Staatengemeinschaft sollte es auf dem Balkan keine Grenzveränderungen geben, Kosovo sollte völkerrechtlich bei Serbien bleiben – jedoch als autonome Provinz mit eigenem Parlament, Zweisprachigkeit und kulturellen Sonderrechten. Serbiens Präsident Milošević spielte auf Zeit und setzte darauf, daß nach der Befriedung Bosniens das Kosovo-Problem bei den USA und den Europäern kein Interesse mehr wecken würde.

Doch vor allem die Clinton-Administration machte eine Wiederaufnahme Belgrads in den Internationalen Währungsfonds, die Vergabe von Wirtschaftskrediten und die Eingliederung in westliche Handelsstrukturen von einer Kurskorrektur in der Minderheitenfrage abhängig. Auf dem Höhepunkt der oppositionellen Straßenhappenings gegen die Wahlfälschungen in Serbien versuchte Milošević zur Jahreswende, die Kosovo- Frage als Trumpf auszuspielen. Er teilte der neuen US-Außenministerin Madeleine Albright mit, er wolle sich mit früheren albanischen Kosovo-Parlamentariern an einen Tisch setzen, falls die USA dies wünschten.

Die US-Regierung entgegnete, sie werde nicht vermitteln. Allerdings werde eine dem Kongreß nahestehende Stiftung Vertreter seiner Regierung, der serbischen Opposition und der kosovo-albanischen Untergrundregierung nach New York bitten. Belgrad lehnte dankend ab. Eine solche Aufwertung der Opposition und der vermeintlichen albanischen „Separatisten“ wollte das Regime nicht hinnehmen.

So trafen sich nun die serbischen Oppositions- und Parteiführer Vuk Drašković, Vesna Pesić und Dragoljub Micunović mit den Albanerführern Adem Demaci, Fehmi Agani und Veton Surroi, um, abgeschottet von Presse und Öffentlichkeit, eine gemeinsame Plattform auszuarbeiten. Offenbar kamen sich die Oppositionsgruppen in ihren Standpunkten bisher jedoch nicht näher. Derzeit deutet alles darauf hin, daß die Gespräche auf unbestimmte Zeit vertagt werden mit der Ausrede, ohne einen Runden Tisch mit Vertretern des Regimes und Neuwahlen sei kein politischer Neubeginn zu schaffen.

Die Kosovo-Albaner leben schon seit 1981 im Ausnahmezustand und wurden fast aller Rechte als nationale Minderheit beraubt. Bei Demonstrationen gegen die serbische Staatsmacht ließen in den vergangenen zehn Jahren Hunderte Albaner ihr Leben, verschwanden Tausende Jugendliche in Gefängnissen, verloren Zehntausende aus politischen Gründen ihren Arbeitsplatz.