Italien wird beim Euro ausgetrickst

■ Kanzler Kohl will Italiens Teilnahme an der Euro-Währung durch gezielte Verunsicherung der Finanzmärkte verhindern. Nur Deutschland, Frankreich, die Beneluxstaaten und Österreich dürfen in den exklusiven Euro-Klub

Brüssel (taz) – Die Bundesregierung will Italien durch eine Verunsicherung der Finanzmärkte aus der Europäischen Währungsunion drängen. Nachdem der bisherige Plan gescheitert ist, Italien durch eine strenge Auslegung der Schuldenkriterien auszuschließen, soll die Lira nach taz-Informationen durch gezielt gestreute Zweifel an der italienischen Euro-Tauglichkeit weichgeredet werden.

Auf dem Treffen der EU-Finanzminister am vergangenen Wochenende im holländischen Noordwijk deuteten Finanzminister Theo Waigel, sein holländischer Kollege und der zuständige EU-Kommissar Mario Monti übereinstimmend an, daß den Finanzmärkten bei der Auswahl der Euro-Kandidaten eine Schlüsselrolle zukomme. Im Klartext: Entscheidend soll die Höhe der Zinsen sein, die von den Finanzmärkten bei Staatsanleihen verlangt wird, weil sich darin das Vertrauen der Märkte in die Stabilität der Währung spiegele. Gleichzeitig zogen hohe Finanzbeamte eines EU-Landes in vertraulichen Gesprächen mit Journalisten die italienischen Stabilitätsbemühungen in Zweifel. Einige Spitzenbeamte machten keinen Hehl daraus, daß ihre Andeutungen die Finanzmärkte erreichen sollen: „Das könnte man so sehen“, hieß es.

Finanzminister und Bundesbank wollten die Währungsunion schon immer auf einige wenige Länder mit traditionell stabilen Währungen beschränken. Aber erst jetzt scheinen sie von Kanzler Kohl dafür freie Hand bekommen zu haben. Kohl will im bevorstehenden Bundestagswahlkampf nicht als Kanzler dastehen, der die harte Mark mit der weichen Lira verschmelzen will. Unterstützt werden die deutschen Bemühungen von den Niederlanden. Frankreich, das Italien gerne dabeigehabt hätte, hält sich zurück – die Regierung in Paris möchte das Projekt Währungsunion nicht gefährden.

Betroffen ist auch Spanien. Wie Rom hat sich auch Madrid beharrlich an die Euro-Kriterien herangearbeitet. Lediglich bei der Höhe der Zinsen hat Spanien Probleme. Geht es nach den Vorstellungen in Bonn, werden zum Euro-Start 1999 nur Deutschland, Frankreich, die Beneluxländer und Österreich dabeisein. Länder wie Italien und Spanien sollen frühestens zwei Jahre später nachrücken. Großbritannien, Dänemark und die skandinavischen Länder haben sich noch nicht entschieden. Griechenland hat keine Chance.

Nach Ansicht von EU-Kommissar Monti wird die Auswahl Ende des Jahres getroffen, wobei das Zinsverdikt der Finanzmärkte das entscheidende Kriterium sein werde. Bei der offiziellen Bekanntgabe im Frühjahr 1998 soll alles längst geregelt sein, damit es „keinen politischen Streit“ gebe, bestätigte Monti. Denn dann ist in Deutschland und Frankreich Wahlkampf. Alois Berger Tagesthema Seite 3