Mit Zeit gegen Magengeschwüre

■ Ärztinnen, Pfleger und Medizintechniker suchten in Bremen nach umweltschonender Medizin zum Wohle der Patienten

„Wie soll denn nun eine normale Ärztin einen Vulkanesen mit Magengeschwür behandeln“. Es sei doch klar, daß die Krankheit durch Arbeitslosigkeit und Zukunfts-angst verursacht werde. Ursula Auerswald, Präsidentin der Bremer Ärztekammer, wollte es gern konkret haben von Ellis Huber, dem Starreferenten beim „Bremer Umweltforum Krankenhäuser“. Denn ihr berühmter Kollege aus der Berliner Ärztekammer hatte das Thema „Pflegefall Umweltschutz“sehr weit gefaßt und vor 250 Ärzten, Pflegekräften und Vertretern von Medizintechnik-Firmen im Konsul-Hackfeld Haus in der Birkenstraße in weitem Bogenschlag über grundsätzliche Zusammenhänge zwischen einem ökologischen System und dem Gesundheitswesen gesprochen.

Viele Leiden seien durch Angst verursacht, da helfe kein Herzkatheder, warb Huber für ein neues Denken bei Ärzten, Pflegern und Krankenkassen. So wußte der Gesundheitspolitiker auch auf Auerswalds Frage eine Antwort: Der Vulkanese brauche einen Arzt der Zeit hat und zuhört. Wenn sich Mediziner diese Zeit nicht nähmen, liege das am „korrumpierenden Honorarsystem“. Viele Patientenkontakte und viele verschriebene Mittel brächten mehr Geld. Das jetztige System könnte sofort so geändert werden, daß auch der Zeitaufwand honoriert würde, so Huber. Ausschlaggebend für den Heilungserfolg sei aber nicht die Medizintechnik, sondern die direkte Beziehung zwischen Ärztin oder Pfleger und Patient. Um diese zu verbessern, müsse eine neue Kooperation zwischen Medizin und Pflege her. Das feudale Herrschaftsmuster „Chefarzt“sei Relikt einer vergangenen Zeit.

Teamarbeit ist aber auch unabdingbar, um Krankenhäuser umweltverträglicher zu machen. Jeder Patient erzeugt im Durchschnitt fünf Kilo Müll am Tag. „Das ist ein Riesen-Müllberg, den wir hinterlassen“, sagte der Arzt und Umweltbeauftragte der Essener Krankenhäuser, Horst Pomp. Jede Umweltschutzmaßnahme spare mittelfristig auch Kosten für Energie, Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmittel sowie der Entsorgung von teurem Sondermüll, rechnete Pomp vor und forderte den Schritt der Umweltbeauftragten auch über die „Hemmschwelle“in die Operationssäle. So ließen sich auch winzige Geräte, die bei inversiver Chirurgie in Patienten-Leiber eindringen, als Mehrweg-Geräte herstellen. Absaugschläuche aus Silikon könnten ebenfalls wieder gereinigt werden.

Beispiele aus der Klinik-Praxis nannte Gabriele Salrein-Hahn, Krankenschwester für Hygiene aus Freiburg. So müßten Betten nicht mehr aufwendig mit mehreren Laken bezogen werden. Um Katheder anzulegen, bräuchten die Krankenschwestern auch nicht all die Tupfer und Pinzetten, die die Hersteller in die abgepackten Sets hineinsteckten. Nach einer Umfrage beim Klinikpersonal habe sich ergeben, daß Katheder auch mit simplen Gummihandschuhen gelegt werden können. Die Hersteller haben sich an die Wünsche der Kliniken angepaßt. Und da war sie wieder, die Forderung von Ellis Huber: Hierarchien müssen weg, wenn sich das Gesundheitswesen als System begreift und nicht den Kampf um die jeweiligen Pfründe weiterführt, kommt auch für die Umwelt positives heraus. jof