Mehr schwarzer Humor, bitte!

■ Gruppo di Valtorta und Achim Konejung beendeten das diesjährige Kabarettfestival auf Kampnagel / Der Titel „Die paar Jahre noch“ sollte Verheißung für die Zukunft sein

Zu Hülfe, zu Hülfe, wer ist der Mörder? Gibt es überhaupt einen? Ist das Opfer tot? Und was sollen all die Schauspieler auf der Bühne?

Die drei Männer und eine Frau der Gruppo di Valtorta wissen es in ihrem neuen, vor zwei Monaten mit dem deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichneten Stück Mörd wohl selbst nicht. Macht nichts.

Dafür schleuderten sie dem amüsierten Publikum am letzten Freitag auf Kampnagel ihren abenteuerlichen Sprachwitz in Form eines verrückten Krimis entgegen. Die vier allesamt großartig schauspielernden Münchner machen dabei die Absurdität zum Programm. Wenn sie eine Gerichtsszene spielen („Ich habe zufällig eine Robe und eine Perücke dabei“) und der Richter, was niemand hinterfragt, ein Ei ist, oder wenn der Mann die Frau mit Sylvia anspricht und sie antwortet, „nenn' mich nicht Gudrun“, dann ist der Valtorta-Irrsinn perfekt. Und wenn es zwischendurch immer mal heißt: „das war gestern irgendwie besser“, dann muß man das schließlich nicht bestätigen.

Für Das unglaubliche Leben des George Villabour, ein Programm des Kabarettisten Achim Konejung von 1987, könnte man das. Aber er hat den Satz nicht gesagt. Konejung kann Klavier spielen, viel Text auswendig lernen und hatte einst die nette Idee, einen Mann zu erfinden, der Brecht und Man Ray, Beuys und George Lukas beeinflußt haben soll. So entstand eine satirische Revue durch 60 Jahre deutscher Kulturgeschichte. Aber muß man das abendfüllend machen und nach acht Jahren immer noch? „Mein Nein ist das Ja zum Nichts des Ganzen“, sagt George Villabour. Und das trifft es dann in etwa auch.

Die paar Jahre noch, so lautete das Motto des diesjährigen Kabarettfestivals auf Kampnagel. Und die paar Jahre sollte man sich nicht nehmen lassen, damit Kabarettisten wie Konejung neue Programme zeigen können und um sich selbst kreisende Werner Schneyders genügend Zeit haben, abzutreten. Vielleicht braucht es sie auch noch, damit einige selbstausgerufene Weltverbesserer lernen, daß Buttersäure auf Wiglaf Droste werfen kindisch ist, weil erwachsene Menschen den Mut zur verbalen Auseinandersetzung haben sollten.

Und sicher braucht es sie, damit auch verdienstvolle Veranstalter wie Ulrich Waller lernen, daß Frauen im Kabarett kein Alibi sein müssen. Junge talentierte Gipfelstürmer wie der 19jährige Sebastian Krämer können in dieser Zeit ihre Karriere ankurbeln, und die neuen Überflieger des deutschen Kabaretts, begnadete Geschichtenerzähler des Absurden, Inhaber des trockenen und schwarzen Humors wie Josef Hader und die Gruppo di Valtorta, nutzen hoffentlich das Nichts des Ganzen, um das Gehirn und das Zwerchfell der Zuschauer auch zukünftig in Schwingung zu bringen.

Simone Ohliger