Hammer frei

■ Der Thalia Treffpunkt inszenierte „Schattensaiten – Lichtermär“ im TiK

Eine weiße Leinwand quer über die Bühne teilte den Raum. Davor und dahinter agierten am Freitag sieben Frauen des Laienprojekts Thalia-Treffpunkt in Schattensaiten – Lichtermär. Mal größer, mal kleiner bildeten sich ihre Umrisse ab, je nach ihrem Verhältnis zur Lichtquelle.

Aus der Beschäftigung der Frauen mit der Geschichte des Schattentheaters ist unter der Leitung von Cornelia Wulff eine Collage aus eigenen Texten, bewegten Bildern auf der Leinwand und aus Monologen von Jane Martin sowie einem Gedicht von Klaus Franck entstanden. Inszeniert wurden Geschichten von Frauen: Müttern, Mädchen, Schauspielerinnen.

Am Anfang sieht das Publikum nur die Schattenrisse. Dann purzeln die Frauen hinter der Leinwand hervor. Aus den abstrakten zweidimensionalen Flächen werden konkrete Charaktere mit ganz eigenen Geschichten: individuell und doch typisch. Da ist die gealterte Familienmutter, die auf der Suche nach sich selbst ist. Eine andere ist Schauspielerin. Sie möchte ihr Publikum aus seiner schützenden Anonymität reißen, will wissen, für wen sie spielt. Eine dritte – Mischung aus Girlie im engen schwarzen Kleid und Tank Girl – fiebert einem Vorsprechen entgegen. Im Arm trägt sie einen Katzenkäfig aus blauem Plastik, in der Hand hält sie einen Hammer. Sie stellt die anderen vor die Wahl: Ein klassisches Stück, das ist in ihrer Version ein Strip auf der Bühne, oder ein modernes Werk: der Katze wird der Schädel mit dem Hammer zertrümmert.

Anrührend und komisch zugleich wirkt die Frau im orange-braun geblümten Kleid mit der strubbeligen, grauen Perücke. Für sie ist Plastik der Ausdruck göttlicher Vollkommenheit, und die Schnellrestaurants einer weltweiten Kette sind das Ziel ihrer Sehnsüchte. Diese kunstvoll miteinander verwobenen Geschichten zeigen die Schattenseiten weiblicher Befindlichkeiten, die facettenreich wie in einem gebrochenen Spiegel aufblitzen. Iris Schneider