Das Leben findet man unterwegs

■ Der Spielfilm Ritt über die Grenze von Rosemarie Blank

„How does it feel, to be on your own...“ – Bob Dylans Liedchen über den rollenden Stein gab einst einem Musik-Magazin und nicht zuletzt auch einer zum Denkmal gefestigten Band den Namen. Doch das Lebensgefühl der Beatniks und Hippies scheint heute zur romantischen Nostalgie seßhaft gewordener Eltern geronnen. Wo sind sie geblieben, die Tramps?

Zum Beispiel auf Bauwagenplätzen, wo unabhängige Menschen in lockeren Assoziationen ihren Freiheitstraum leben. Nele, Heldin des Films Ritt über die Grenze von Rosemarie Blank, ist so eine moderne Nomadin. Mit ein bißchen Mundraub auf dem Amsterdamer Markt und der Morgentoilette im Freien hebt die Geschichte der rastlosen Nele an. Hautnah vermittelt das schwarzweiße Roadmovie ein Gefühl von den Unbequemlichkeiten eines selbstbestimmten Lebens. Per Fahrrad oder Autostop pendelt Nele zwischen Amsterdam und Berlin, zwischen Hamburg und Dresden, getrieben von unbestimmter Sehnsucht und begleitet nur von einer treu blickenden Promenadenmischung namens Arako.

Wenn sie sich gerade ein Nest geschaffen hat, packt sie das Fernweh. Als sie wieder mal aufbricht, fragt ein Freund verwundert: „Ich dachte, du bleibst in Amsterdam, jetzt wo du den Caravan hast?“ „Gerade darum“, antwortet Nele lakonisch und geht. Sie durchstreift Berlin auf der Suche nach Freund und Freundin und demonstriert im Vorübergehen die Unwirtlichkeit der Stadt, wo nur gegen Geld ein Plätzchen im Warmen zu haben ist, wo Polizisten keine Atempause im Winkel eines U-Bahnhofes zulassen, und wo sie zur Bettlerin wird, indem sie auf der Straße sitzend eine Mahlzeit zu sich nimmt. Mißtrauisch und neugierig begegnen ihr die Menschen, mit denen sie unterwegs flüchtig Bekanntschaft macht. Vor tiefergehenden Freundlichkeiten ergreift Nele die Flucht.

Für die kurze Geschichte aus einer langen Wanderung brauchte sich die Hauptdarstellerin kaum zu verstellen. Nach Jahren ständiger Ortswechsel lebt Christien Vroegop heute auf einem Bauwagenplatz in Hamburgs.

Julia Kossmann Premiere mit der Regisseurin:

27. Juni, Metropolis, 21.15 Uhr