Waffen und Todesliste

■ Norwegische Polizei hebt neonazistische Terrorgruppe aus

Oslo (taz) – Bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten einer neonazistischen Terrorgruppe in der Nähe der Stadt Bergen hat die norwegische Polizei Ende vergangener Woche detaillierte Pläne zur Durchführung von Attentaten auf Norwegens Ministerpräsidenten Thorbjörn Jagland und andere führende PolitikerInnen des Landes gefunden. Bei der Razzia wurden auch ein Waffenlager und große Mengen von Dynamit, schußsichere Westen und Karten über Waffenlager des norwegischen Militärs entdeckt. Sechs Mitglieder der Terrorgruppe wurden verhaftet: fünf Männer und eine 49jährige Frau.

Letztere, Lene Bore, ist eine Schlüsselfigur der norwegischen Neonazi-Szene. Sie soll den Kauf von Waffen finanziert haben. Ihr Sohn, Varg Vikernes, wurde 1994 wegen Mordes und zahlreicher Brandstiftungen zu 21 Jahren Haft verurteilt. Vikernes wird von seinen Gesinnungsgenossen „der Graf“ genannt, auch er ist ein bekanntes Gesicht der rechtsradikalen Szene. Noch aus dem Gefängnis heraus leitet er eine Plattenfirma, die nationalistische Musik verlegt. In der Wohnung der Mutter des „Grafen“ fand die Polizei die Attentatsplanungen.

Für den Soziologen Henrik Lund, den anerkannt führenden norwegischen Kenner der einheimischen Neonaziszene, bedeuten die von der Polizei gefundenen Hinweise eine „ungemein dramatische Entwicklung“. Angesichts der starken internationalen Verknüpfung dieser Gruppen, so Lund, werfen die jetzt entdeckten Waffen und Dokumente ein Schlaglicht auf die Gewaltbereitschaft der rechtsradikalen Szene in ganz Europa. Reinhard Wolff