Hamburg in Hochglanz

■ Wie eine neue Broschüre Firmen nach Hamburg locken will

Sind Sie HamburgerIn? Gratuliere. Sie und ihre MitbürgerInnen produzieren vier Prozent des deutschen Bruttosozialprodukts – der Durchschnittsbürger schafft 86 Prozent weniger. Wem verdanken Sie das? Falsch, Herr Kohl hat diesmal wirklich nichts damit zu tun. Die Wirtschaft ist schuld, daß Hamburg so erfolgreich ist.

Wie sie das schafft, erzählt die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) in ihrer neuen Broschüre „Erfolg mit Hamburg“. Das Heft soll Firmen ermutigen, sich an Elbe oder Alster niederzulassen – „vor allem internationale Unternehmen“, wie HWF-Pressesprecher Thomas Erich erklärt. Folglich jagen sich die Superlative. Die womöglich „liberalste und weltoffenste Stadt Deutschlands“verfügt über einen Hafen mit 70 Millionen Tonnen Jahresumschlag, 1500 Bars und 738 Bankfilialen. Die Versicherung „Hamburger Feuerkasse“ist die älteste, das Glasfasernetz der Telekom das dichteste der Welt.

Da kann es nicht mehr lange dauern, orakelt die HWF, bis „Hamburg und Berlin zu einer gemeinsamen Metropolregion zusammenwachsen“. Schreibt's und läßt zukunftsweisend schon mal den Transrapid durchs Heft rasen. Dazu noch die Ostseeautobahn A 20, eine vierte Elbtunnelröhre und ein tieferer Hafen – wohler könnten sich Firmen kaum fühlen.

Außerdem ist da noch die „solide kaufmännische Grundprägung der Elbhanseaten“. Jawohl, auch Sie sind gemeint. Denn ob Händler, Unternehmer oder abhängig Beschäftigter, sie alle gehören zu Hamburg wie der Hafen und die Elbe.

Wie, Sie sind arbeitslos? Das tut uns leid. Da schlagen Sie mal auf Seite 36 nach, unter „Zweiter Arbeitsmarkt und AB-Maßnahmen“... Was? „Erfolg mit Hamburg“hat nur 35 Seiten? Das tut uns leid. Dann gehören Sie womöglich gar nicht zu denen, die vier Prozent des Bruttosozialprodukts produzieren? Unglaublich, legen Sie sofort die Zeitung weg! Judith Weber