„Zurück zu den verstaubten Talaren“

■ StudentInnen protestieren gegen Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes

Studentische Belange interessieren an Hamburgs Uni nur wenige: Ganze 30 StudentInnen lockte gestern die studentische „Liste Links“zur Diskussion über die geplante Novelle des Hamburger Hochschulgesetzes. Das Zugpferd: Wissenschaftssenator Leonhard Hajen. Hunderte von Studierenden drängten sich dagegen um Jan Philipp Reemtsma, der zeitgleich über die „implizite gesellschaftliche Gewalt in literarischen Texten“dozierte.

Dabei hatte die „Liste Links“die gesellschaftliche Gewalt längst im Hochschulkontext ausgemacht. Immerhin sieht die vom Senat im Januar verabschiedete Novelle Studienberatungen für alle vor, die die Regelstudienzeit von neun Semestern überziehen. Weigert sich ein Student, innerhalb von zwei Semestern eine solche Beratung zu besuchen, so soll er exmatrikuliert werden. Dies sei eine „ordnungspolitische Zwangsmaßnahme“, erklärte Linkslistlerin Anja Post-Martens. Hajen sah es gelassener, immerhin bewiesen die Erfahrungen in Berlin, daß viele Studenten mit Prüfungsängsten eine solche Beratung sehr wohl zu schätzen wüßten.

Wichtiger war den Linkslistlern sowieso die Fundamentalkritik: Die Novelle stelle „die Weichen für eine zunehmende Privatisierung der öffentlichen Bildungsaufgabe“. Tatsächlich stärkt das Gesetzesvorhaben, das heute im Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft erstmals diskutiert wird, die finanzielle Selbstverwaltung der Uni. Unter dem Stichwort „Globalhaushalt“werden öffentliche Gelder nicht mehr zweckgebunden, sondern pauschal vergeben. Hochschulen können autonom über die Mittel bestimmen. Damit, so die studentische Kritik, werde die Konkurrenz um Gelder „an die Hochschule verlagert“, auf daß diese sich „ganz autonom selbst wegsparen kann“. Hajen hingegen konterte: Auf diese Weise käme die Uni endlich „hin zu mehr Effizienz“.

Daß Fachbereichssprecher künftig Weisungsbefugnisse erhalten sollen, erboste die Linkslistler nicht minder: Damit würden sie „zu Managern der Hochschul GmbH & Co. KG“. Dem Wissenschaftssenator hingegen geht es wiederum um Effizienz, sprich: Die Chefs eines Fachbereichs sollen darauf achten, ob ein Prof seiner Lehr- und Prüfungsverpflichtung auch ordnungsgemäß nachkommt.

In Zukunft, auch das sieht die Novelle vor, heißt ein Fachbereichssprecher wieder ganz altertümlich „Dekan“. Das sei „reaktionär“, meinten gestern die StudentInnen der Liste Links. Die Konsequenz „wäre dann wohl die Einführung einer angemessenen Kleiderordnung für die Herren Dekane“. In diesem Fall könne ihre Empfehlung nur lauten: Her mit den verstaubten Talaren der alten Ordinarienuniversität! Karin Flothmann