Neue Runde im Stromopoly

HEW erwerben Aktien der schwedischen Sydkraft und verkaufen Hamburgs Energiepolitik damit an Hannoveraner Strommulti Preag  ■ Von Achim Fischer

Im Bundeskartellamt schrillten die Alarmglocken. „Wir fühlen uns in unserer Auffassung bestätigt“, kommentierte die Sprecherin der Berliner Wettbewerbshüter, Elke Zeise, die Nachricht, das die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) 15,7 Prozent des Aktienkapitals des schwedischen Energiekonzerns Sydkraft nebst 2,5 Prozent der Stimmanteile erworben haben. Das hatten die HEW gestern bekanntgegeben.

Denn hinter dem Deal, das wissen auch die Berliner Beteiligungskontrolleure, steht ein anderer, viel größerer Stromgigant: Die Hannoversche PreußenElektra (Preag). Über ein Geflecht gegenseitiger Beteiligungen entsteht dadurch ein enger Verbund der drei Stromkonzerne HEW, Sydkraft und Preag. Als größtes Unternehmen im Bunde beherrscht die Preag damit bald den Strommarkt im Norden, befürchtet das Bundeskartellamt.

Umgekehrt gehören den Schweden ebenso wie der Preag seit Januar jeweils 12,5 Prozent plus eine Aktie an den HEW. Das Ziel der Aktion wollte HEW-Sprecher Johannes Altmeppen gestern „nicht kommentieren“. Es gelte, im europäischen Strommarkt „Synergien abzusichern“. Was für Synergien? Auch dazu: „Kein Kommentar.“

Das Bundeskartellamt in Berlin sieht darin eine problematische, weil wettbewerbsverzerrende Konstellation, weil die Preag wiederum mit 27,3 Prozent der Stimmanteile an der Sydkraft beteiligt ist. Das „zu erwartende kooperative Verhalten der Sydkraft“sichere der Preag „eine faktische Sperrminderheit“bei den HEW. Den neuerlichen Aktiendeal wertet Kartellamts-Sprecherin Elke Zeise „als weiteres Indiz, daß ein wettbewerbsrechtlich erheblicher Einfluß“der Preag vorliegt. Sprich: Daß die Hannoveraner eine unzulässige Vorrangstellung im Norden bekommen. Eine Entscheidung des Kartellamtes ist im Herbst zu erwarten.

Der energiepolitische Sprecher der GAL, Holger Matthews, bewertet die „wilde Verschachtelung der Preag-Töchter“als Beleg dafür, daß die Hannoveraner ihren Einfluß auf die HEW, mit denen sie gemeinsam die vier norddeutschen Atommeiler in Stade, Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf betreibt, „auszudehnen“versuchen. Selbst die CDU klagt über das undurchsichtige Geschäft. Ihr Sprecher für öffentliche Unternehmen, Michael Freytag, forderte gestern den Senat auf, seine „Beteiligungspolitik endlich offenzulegen“.

Umweltsenator Fritz Vahrenholt dagegen sieht in der HEW-Beteiligung in Schweden „einen Beleg, daß es keine Beherrschung der HEW durch andere große Unternehmen gibt.“Außerdem sei zu hoffen, daß der Hamburger Strommonopolist, dessen Aufsichtsratsvorsitzender der Umweltsenator ist, von der Erfahrung der Sydkraft mit dem bereits deregulierten Strommarkt in Schweden profitieren kann.

Konkrete Kooperationsmöglichkeiten zwischen Hamburg und Skandinavien wollte gestern keiner der Beteiligten konkret benennen. Die Sydkraft könnte einen „wesentlichen Beitrag“liefern, um die Spitzenbelastungen im Hamburger Stromnetz abzudecken, vermutet der energiepolitische Referent der GAL, Dirk Seifert.

Denn die Sydkraft, zweitgrößter Stromkonzern Schwedens, produziert etwa die Hälfte seines Stromes mit Wasserkraft und könnte bei Spitzenbelastungen schnell einspringen. Umgekehrt könnte Hamburg vor allem nachts seinen überflüssigen Strom verkaufen, wenn die Atommeiler mehr produzieren, als die Hamburger brauchen.