Gegen Sozialraubzüge

■ Arbeitslose machen gegen Ausgrenzung mobil / BremerInnen nehmen am „Euro-Marsch“gegen Erwerbslosigkeit teil / Ziel: Amsterdam

Auch BremerInnen werden beim „Euro-Marsch“gegen die Sparpolitik bei Arbeitslosen und Armen dabeisein. Für den ab Ende Mai geplanten europaweiten Protestmarsch „gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung“mobilisierte gestern erstmals ein Bremer Bündnis. Vor dem Arbeitsamt im Doventorsteinweg verteilten Mitglieder des Arbeitskreises „Arbeitslose Gewerkschafter“, der „Frauenliste“, der Azubi-Initiative „Eat the Rich“, der „Anarchistischen Alternative“und AStA-VertreterInnen der Bremer Uni den Aufruf zur Teilnahme an den Protesten.

„Die Nachfrage nach unserer Aktion ist klasse“, bilanzierte Erika Riemer-Noltenius schon eine halbe Stunde nach Beginn der Aktion. „Meine 300 Flugblätter sind alle weg.“Am Portal zum Arbeitsamt wurde derweil weiter informiert. „Sie haben doch sicher vom Ar-beitsförderungsreformgesetz gehört, das die Rechte von uns Arbeitslosen immer mehr beschneidet“, spricht eine Mittdreißigerin Arbeitslose an. „Wir wollen uns das nicht weiter gefallen lassen.“Die Betroffenen nicken, nehmen das „Lexikon des sozialen Schreckens“von Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bis Zumutbarkeit in Empfang und betreten die muffige Amtshalle, von wo die ProtestiererInnen unterdessen schon verwiesen wurden – nicht ohne zuvor einen kritischen Blick in die Stellenangebote der Info-Terminals zu werfen.

„Unglaublich, was da für Stellen ausgeschrieben werden“, schimpft der „arbeitslose Gewerkschafter“Heinz Rutters und hält die Ausschreibungen hoch: Hilfsarbeiter, Möhren ernten, waschen, Grünkohl strebeln. Kenntnisse: Arbeit in gebückter Haltung. „In Bardowick. Voraussetzung Führerschein. Na, den kann'ste für acht Mark 30 die Stunde aber kaum machen“, kommentiert ein Kollege kopfschüttelnd. Dessen Job-Fund liegt sogar noch drunter: Acht Mark brutto für Stallarbeit im fränkischen Creglingen. Die Liste vergleichbar schlechtbezahlter Jobs ist lang – viel zu lang aus Sicht der Bremer Initiativen. Sie verweisen deshalb auf den Aufruf zu „Euro-Marsch“, in dem es heißt: „Soziale Spaltungen werden vertieft. Arbeitslosigkeit und Armut bringen jeden einzelnen in eine unsichere Situation und verschlechtern Arbeitsbedingungen derjenigen, die noch eine Arbeit haben: Löhne und Sozialleistungen der Mehrheit der Bevölkerung werden nach unten gedrückt.“

Um auf diese Fehlentwicklungen in Europa hinzuweisen, soll der Protestmarsch, zu dem die MarschiererInnen am 31. Mai in verschiedenen europäischen Städten aufbrechen, am 16. Juni in einer Großdemonstration in Amsterdam münden. Ungefähr dann tritt der EU-Regierungsgipfel zum Maastricht II-Vertrag zusammen. Dabei wird es erneut um staatliche Sparmaßnahmen gehen, die zu Lasten der Ärmsten ausfallen, fürchten die Euro-MarschiererInnen und sprechen von „Sozialraubzügen“. ede