Saniye wollte frei sein

■ Prozeß gegen einen Tankstellenpächter, der seine junge Ehefrau getötet hat

Saniye Y. war 32 Jahre alt. Sie wollte studieren. Sie wollte ihren Ehemann verlassen. Am Morgen des 19. August 1996 wurde sie erdrosselt. „Sie kam oft mit blauen Flecken in unsere Beratungsstelle“, erinnert sich eine Mitarbeiterin von INCI (Internationale Kultur und Information für Frauen) anläßlich des Prozesses gegen den Tankstellenpächter, der elf Jahre mit Saniye Y. verheiratet gewesen war. Der 33jährige muß sich seit gestern wegen Totschlags vor dem Landgericht verantworten.

Saniye Y. war 1982 aus der Türkei nach Hamburg gekommen, um zu heiraten. 1986 wurde ein Sohn, drei Jahre später eine Tochter geboren. Der Ehemann soll ihr den Kontakt mit ihrer Familie und ihren Freundinnen verboten haben. Spätestens seit dem Unfall der Tochter war offenbar auch zwischen den Eheleuten kein Gespräch mehr möglich. Das damals zwölf Monate alte Mädchen war 1990 in einem Imbiß, in dem sich die Eltern aufhielten, mit der Hand in einen Fleischwolf geraten.

Er habe befürchtet, daß seine Frau unter einen ungünstigen Einfluß gerate, gab der Angeklagte gestern an. Speziell gegen die INCI-Sozialberaterin, die er mehrmals vor die Tür gesetzt hatte, habe er eine tiefe Abneigung gehegt. „Wenn ich nach Hause kam, gingen die beiden Frauen in die Küche oder auf den Balkon und machten die Tür zu“, klagte der nervöse Mann, dessen Depressionen in der Untersuchungshaft behandelt werden. „Herumgepfuscht“habe die Beraterin in seinem Leben; „es war nicht mehr mein Zuhause“.

Die Tat – Frau Y. wurde gewürgt und später mit einem Fönkabel erdrosselt – schilderte der Angeklagte unter Ausschluß er Öffentlichkeit. Der Prozeß wird fortgesetzt.

Lisa Schönemann