Scientology zahlt zurück

Uncleare Verhältnisse: Psycho-Sekte muß Aussteiger 45.800 Mark erstatten, die er ohne jeden Erfolg in teure Kurse investiert hatte  ■ Von Max Reh

Ein Intelligenzquotient von mindestens 140, ein unbegrenztes Erinnerungsvermögen und eine Verdopplung seines Verdienstes – in den Genuß dieser Annehmlichkeiten sollte Jürgen Behrndt kommen, wenn er sich durch „Auditing“in der Hamburger Scientology-Zentrale am Steindamm „clearen“lassen würde. Behrndt glaubte den Versprechungen des Sektengründers L. Ron Hubbard und zahlte nach eigenen Angaben mehr als 120.000 Mark in die Sektenkasse.

Doch der versprochene berufliche Erfolg und die geistigen Höchstleistungen stellten sich nicht ein. Statt dessen verlor der Mathematiker Job und Freundin, wurde schließlich krank und verschuldete sich bis über beide Ohren. Für seinen Anwalt Ralf Burmeister eine „typische Sektenkarriere“: „Die meisten ehemaligen Mitglieder sind finanziell ruiniert.“

„Clearer“wurde Behrndt nur in einem Punkt: Frustriert kehrte er der Psycho-Sekte, deren Hauptquartier sich in Clearwater/Florida befindet, 1995 den Rücken. Gestern forderte der geläuterte 40jährige vor dem Hamburger Landgericht von der „Scientology-Kirche Hamburg“91.600 Mark für „nicht erbrachte Leistungen“zurück.

Der Vergleich, den das Gericht vorschlug und den beide Parteien annahmen, kann geprellten AussteigerInnen Mut machen. Danach bekommt der ehemalige Sektenjünger zumindest die Hälfte der geforderten Kursgebühren zurück. Bis zum 1. Juli muß die Hamburger Scientology-Church 45.800 Mark auf das Konto des in Braunschweig lebenden Mannes überweisen.

Dem Gericht hatte Jürgen Behrndt seinen Leidensweg schriftlich zu Protokoll gegeben. Nachdem er bereits 1986 auf der „Cebit“-Messe Werbematerial der Sekte in die Hände bekommen hatte, nahm er Kontakt mit den Scientologen auf. Doch erst drei Jahre später wandte er sich der Sekte ganz zu, nahm an teuren „Reinigungs- und Clear-Gewißheitrundowns“sowie „Lebensreparatur-Auditings“teil, besuchte gar Kurse im US-Hauptquartier und meldete sich zu immer neuen „Intensive“-Kursen an.

Intensiv waren vor allem die Kosten – bis zu 800 Mark, so Behrndt, kostete eine Auditing-Sitzung. Zum Teil mußte er bis zu fünf Jahre auf Kurse warten, die er bereits bezahlt hatte. „Jürgen war total fanatisch“, erinnerte sich gestern seine Schwester an die sechs Jahre mit Scientology, „mit ihm konnte man über nichts anderes mehr reden“.

Das Landgericht sprach gestern zwar kein Urteil, machte aber vor seinem Vergleichsvorschlag deutlich, daß die abgeschlossenen Kursverträge möglicherweise „sittenwidrig“seien, weil „unmögliche Leistungen“versprochen worden seien. Weder Scientology noch der auf über 100.000 Mark Schulden sitzende Arbeitslose wollten das Risiko eines Urteils eingehen: Sie nahmen den Vergleich an und verzichteten auf weitere Ansprüche gegeneinander.