Sandkastenspiele in den Bezirken

■ In einigen Bezirken hat ein Forscherteam zusammen mit Schulkindern Unterlagen für eine jugendgerechte Stadtplanung erstellt. Doch die Pläne vergammeln in den Schubladen der Bezirksämter

Stadtplanung ist Sache der Erwachsenen, doch die Leidtragenden sind nachher die Kinder. Dabei wird es wohl auch bleiben. Denn obwohl punktuelle Untersuchungen zu einer kindgerechten Stadtplanung vorliegen, verschimmeln diese Papiere in den Schubläden der Bezirke: Drei Wohnraumstudien mit Kindern in den Bezirken Mitte, Wedding und Neukölln/ Treptow finden in den Bezirksämtern kaum Resonanz. Erstellt wurde die Studie „Kinder planen mit“ zwischen 1993 und 1995 von Landschaftsplaner Michael Bonk und der Psychologin Michaela Holte in einem Forschungsprojekt der Freien Universität.

Rückenwind erhielten die beiden von dem neuen Jugendhilfegesetz, das die Kommunen veranlassen soll, die Interessen der Kinder in ihren Planungen bei Heimunterbringung, kinderfreundlichen Spielplätzen etc. stärker zu berücksichtigen. Doch nachdem die Forscher im Mai 1996 die Abschlußarbeit veröffentlichten, bewegt sich in den Bezirken nichts mehr.

Nach dem US-Vorbild des „Planning for Real“ für die Einbindung von Bürgern in die Stadt- und Umweltplanung modifizierten die Forscher dieses Verfahren für Kinder. Mit Kindern aus ausgesuchten Schulen und Kindergärten bauten Holte und Bonk ein Modell ihres Kiezes. Daraufhin erkundeten sie die Straßen, Plätze und Gebäude auf Streifzügen.

Nach diesen mit der Kamera festgehaltenen Sondierungen wurden die Orte und Einrichtungen mit positiven „Smileys“ oder negativen „Saddys“ beurteilt. Daraus wurde ersichtlich, welche Mängel die Kinder beseitigt sehen wollten. Nach diesen Angaben entwickelten die Forscher mit den Kindern kinderfreundliche Alternativen zur herrschenden Bebauung. Wichtig war auch eine kinderfreundliche Infrastruktur: Kitas, Grünflächen und Freizeit- und Sporteinrichtungen.

Doch trotz wohlwollender Betrachtung der Vorschläge und Entgegennahme der jeweiligen Planungsmappe gibt es in den Bezirken keine konkreten Ansätze, die diese Ideen aufgreifen. Die Jugendstadträtin von Mitte, Eva Mendel, erklärte, die Zuständigkeit dafür liege beim „Jugend- und Kinderbüro“. Die Treptower Verwaltung für Bauen, Wohnen und Schule verwies an das Stadtplanungsamt. Das Jugendamt Neukölln wiederum erklärte, daß keine Treffen zur Umsetzung der Pläne zustande gekommen seien.

Einziger kleiner Erfolg bleibt die Situation in Wedding. Die Bezirksverordnetenversammlung griff die Anregung auf, an der Bernauer Straße eine Ampel zu errichten. Bisher steht die Ampel allerdings noch nicht. Rouven Obst