Tauziehen um Schülerin

■ Teilsieg: Querschnittsgelähmte darf vorläufig weiter Regelschule besuchen

Berlin (taz) – Das Bundesverfassungsgericht hat erneut zugunsten einer dreizehnjährigen querschnittsgelähmten Göttinger Schülerin entschieden. Die Klage der Eltern richtete sich gegen die im Dezember vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg beschlossene Überweisung ihrer Tochter auf eine Sonderschule. Das Bundesverfassungsgericht berief sich darauf, daß die Lüneburger Richter das niedersächsische Schulgesetz entgegen dem Grundgesetz interpretierten. Die Schulverwaltung hätte ihren Beschluß für den Sonderschulbesuch ausführlich begründen müssen. Daher verfügten die Karlsruher Richter eine einstweilige Anordnung. Die besagt, daß die Schülerin die Gesamtschule besuchen kann. Der Fall der Ruth S. stand schon im vergangenen Jahr vor dem Bundesverfassungsgericht.

Damals sprach sich die niedersächsische Schulverwaltung gegen den Wechsel der behinderten Schülerin auf die Regelschule aus. Die Aussage wurde damit begründet, daß Ruth S. Matheförderunterricht benötigt, den die Gesamtschule vor Ort nicht bieten kann. Die Beschwerde der Eltern wurde von den Lüneburger Richtern zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht übernahm dann den Fall und stellte Lücken fest. Zum einen sei die Begründung der Schulverwaltung nicht ausreichend gewesen, zum anderen diskriminiere der Beschluß die Behinderte und sei damit grundgesetzwidrig. Ruth S. konnte somit auf die Gesamtschule wechseln. Im Dezember entschied das OVG Lüneburg erneut für den Übergang der Schülerin auf die Spezialschule. Das gestrige Urteil des BVerfG bestätigt nur den Entschluß des Vorjahres. Die Mutter der Betroffenen empfindet es als besonders schlimm, daß man ihrer Tochter nicht mal eine Chance gibt, obwohl sie in den Kreis der Mitschüler aufgenommen wurde und eine benachbarte Sonderschule sich angeboten hat, den Förderunterricht zu übernehmen. Antje Witting